Artikel
vom 31.01.2002
Autor:
Dirk Thiele
Radio-Nonsens!
Haben
Sie es letzten Dienstag auch gehört? Ich war schon recht erstaunt,
als ein Radiosprecher im meteorologischen Teil vermeldete, dass
"ein umgestürzter Baum auf die Bahngleise gekippt sei."
Wow, ein bereits umgekippter Baum, was für Kräfte sind da wohl am
Werk gewesen?!
Das
erinnert mich sehnlichst an ähnlich präzise gefasste Äußerungen
anderer Wettersprecher. Klassisch zum Beispiel der Satz aus einer
Zeit als noch Schnee fiel und gemeldet wurde:
"Heute
Nacht fielen 10 cm NEUSchnee."
Die
Entdeckung des Altschneefalles steht wohl noch zur Diplomarbeit
aus. Interessenten mögen sich bei Radio Energy oder 104.6 oder 94,3
melden! Die Frage, ob es sich bei diesen Senderzahlen um eine Angabe
der Sendefrequenzen oder gar der Angabe ihres Intelligenzquotienten
handelt, kann bei weiterem Radiokonsum ausgelacht werden. Spätestens
wenn es heißt:
"Heute
Nachmittag folgten einige Schäuerchen noch im Vorhersagegebiet."
Ich muss gestehen, dass ich auch tatsächlich stockte, als ich überlegte
wie ich dies denn zu schreiben hätte. Das hat nicht mehr viel mit
Schauer zu tun oder? Eher etwas mit scheuern oder bescheuert?
Aber
egal, das allein ist’s ja noch längst nicht. Maxi- und Mini-Temperaturen
werden schon wie selbstverständlich von uns konsumiert. Aber Verniedlichungsformen
für eigentlich doch negativ belastete Vorgänge haben mich bereits
seit Einführung des Soli-Zuschlages hocherfreut! Eine Sondersteuerlast
zu verniedlichen war genial. Genial blöd. So was muss man natürlich
fortführen, erst recht im Radio!
Lustiger wird’s dann wieder, wenn es darum geht, dass ein Radiosender
das Wettergirl für ihren Sender sucht!
OK,
da haben wir Endverbraucher uns bereits dran gewöhnt, dass jemand,
der in den Medien auftritt nicht unbedingt Ahnung haben muss von
dem, was er da eigentlich erzählt. Und das dies von Vorteil wäre,
sei mal dahingestellt. Interessanter hingegen ist, dass sämtliche
vortragende Weathermädchen, die ich das Vergnügen hatte zu hören,
gänzlich identisch klangen! Der gleich drogengeschwängerte
Intonationsexzess, gleiche blonde Formulierungen! Hm, gleicher Text
womöglich auch?!
Verbirgt
sich hinter diesem hochgespielten Projekt gar ein Scherz von Hape
Kerkeling?! Ein Hoffnungsschimmer, zugegeben, aber andernfalls ist
diese großangelegte Aktion einfach nur als gigantische rektale Walmluftadvektion
zur Kenntnis zu nehmen!
Und
dennoch, zumindest ist nichts Falsches dran an dem, was da passiert,
auch wenn Wettergirl eine schön falschanmutende Wortschöpfung ist.
Bedeutend dümmer kommts dann schon, wenn ein gewisser Aushänge-Wetterverkünder
folgendes vermeldet:
"Ich
sehe diverse Niederschläge auf meinem Satellitenschirm."
Manchmal
sieht er auch keine Niederschläge auf seinem Schirmchen. Besser
noch, kann er sogar die Intensität der Scheuerchen erkennen. Hier
offenbart sich die tatsächliche Leistungskraft der Hobbymeteorologen
im Radio: Vom Satellitenschirm die Regenschauer der Stadt abzugucken
Respekt! Eine unvergleichliche Leistung, die selbst hier am meteorologischen
Institut rar bis gar nicht gesät ist.
Der
vage Verdacht, der Entdecker dieser Vorhersagemöglichkeit meine
unter Umständen den Radarschirm, auf dem tatsächlich die Niederschläge
samt Intensität ablesbar wären, verneint sich sogleich wieder. Schließlich
wiederholt er diese schmucke Formulierung täglich.. ,sorry, mehrmals
täglich!
Aber
dieses Verfahren hat mir dann doch keine Ruhe gelassen ich wollte
mehr! Lernen vom großen Meister der Satellitenbilder wollte ich
und lauerte ihm folgerichtig auf. Mit einem der halbdefekten Fernstecher,
die unsere Funker im Wetterturm benutzen. Auch an dieser Stelle:
Respekt! Ich besetzte eine Position im Hochhaus gegenüber der Anstalt.
Also der Sendeanstalt des Verkünders. Nach etwas Wartezeit, die
ich mir mit mehr oder weniger meteorologischen Rundumspähungen verkürzen
konnte, war es dann soweit:
El
Moderatore kam, sah gen Himmel und..!?
Tja.
Und.Ja ich habe das Rätsel gelöst und es war letztlich gar nicht
so schwer: In der rechten Hand ein Faxe-Bier, in der Linken das
Mikro und im Visier die Satellitenschüssel seiner Fernsehanlage
stand er da am Fenster! Als nach einer halben Minute, so lange sind
wohl die Wege im Gehirnlabyrinth, noch immer kein Tropfen auf die
Schüssel fiel, hörte ich über meinen Kopfhörer:
"Auch
heute keine Bange Leutchen, kein Schäuerchen weit und breit zu entdecken
auf meinem Satellitenschirm. Freie Fahrt für alle!"
Gott
sei Dank!
Auch
nur ein Mensch! Wenngleich, bei genauerer Betrachtung ich diesen
Begriff für ein gros unseres Moderatorenklientels wieder in Frage
gestellt werden muss.
Es
tut mir leid, aber eigentlich auch nicht wirklich. Schließlich übergebt
Ihr Euch auch tagtäglich, sogar stündlich über den Äther. Da sei
es mir einmal erlaubt, es Euch gleich zu tun. Vielen Dank..
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