Synoptische Kurzanalyse für Deutschland

ausgegeben am Freitag, den 08.10.2004 um 13:00 Uhr

Großwetterlage: Kurzwellentrog Nordeuropa, Cut-Off Biskaya

aktuelle Situation: Die nordhemisphärische Zirkulation zeigt derzeit vorrangig kurzwellige Strukturen mit den dominierenden Wellenzahlen 7 und 8. Damit wird die derzeitige Tendenz der progressiven Verlagerungen der Rossby-Wellen zusätzlich verstärkt.
Gleiches gilt auch für die Wellenregime über Mitteleuropa. Der derzeit noch mächtige westeuropäische Langwellentrog hat den Ex-Hurricane JEANNE mit in seine Zirkulation einbegriffen. Somit konnte feuchtwarme Luft (sub)tropischen Ursprungs bis in die Biskaya gelangen. Die südwestliche geostrophische Höhenströmung befindet sich über einem geostrophischen Nordostwind (vorderseitig der Bodenantizyklone über dem Nordatlantik), so dass ein mächtiger thermischer Wind induziert wird. Die durch diese beiden Faktoren einsetzende massive positive Schichtdickenadvektion unterstützt nun einen raschen Cut-Off-Prozess über der Biskaya, welcher ferner zyklogenetisch auf die Bodenzyklone Ex-JEANNE wirkt.
Der nördliche Teil des Langewellentroges wird dadurch sukzessive kurzwelliger und kann sich daher progressiv verlagern.

Die gut ausgebildete wellende Frontalzone, die subtropische Luftmassen (xS, mS) in ganz Südeuropa von der Polarluft (mP, xP, cP) über Nordeuropa trennt hat sich marginal nach Süden verschoben und erstreckt sich derzeit nahezu zonal von der Bretagne über Süddeutschland bis hin zur Ukraine, ehe ihr markanter Gradient im ThetaE-Feld in Westrussland verschwindet. An dieser Luftmassengrenze zeigt das Radar verbreitet Regen, vereinzelt auch schauerartig verstärkt. An den Luvseiten der Mittel- und Hochgebirge sind durch orographische Hebung auch größere Niederschlagsmengen (>10mm) beobachtbar.

Beschreibung des Kurzfristzeitraums (Tage 1 bis 3)

Der durch den Cut-Off-Prozess zunehmend kurzwelliger gewordene Trog verlagert sich an Tag 1 stromabwärts. Seine Achse überquert mit seinem stetig schwächer werdenden Vorticityzentrum - welches im Bodenniveau als schwache Konvergenzlinie analysiert wird (UKMO) - im Laufe des Tages den äußersten Norden Deutschlands. Die numerischen Modelle simulieren dabei insgesamt nur geringe Niederschlagsmengen. Mit dem nachfolgenden Hochkeil, der sich über Nordeuropa bis Tag 3 etablieren kann, setzt bodennah mit der auf Nord drehenden Strömung Kaltadvektion ein. Nach Norddeutschland kann sogar maritime Arktikluft (mA) mit pseudopotentiellen Temperaturen um 14°C einfließen. Zugleich sorgt die resultierende AVA für massiven Hochdruckeinfluss über Nord- und großen Teilen von Ost- sowie Mitteleuropa.
Keilvorderseitig streift eine eingelagerte kurzwellige Störung, die selbst im Bodendruckfeld noch zu erkennen ist, den Nordosten Deutschlands an Tag 2. Allerdings simulieren die numerischen Modelle lediglich eine leichte Erhöhung des Feuchteangebots in der ansonsten sehr trockenen (teilweise unter 10% relative Luftfeuchte in 700hPa) Polarluft.

Anhaltende Zyklogense sorgt bis Tag 2 für eine weitere Vertiefung (Druckfall) und Verstärkung (Druckgradientzunahme) von Ex-JEANNE, ehe ab Tag 3 in Höhe der Bretagne angekommen der fehlende dynamische Antrieb zyklolytisch wirkt.

Beschreibung des Mittelfristzeitraums (Tage 4 bis 7)

Die derzeitige Dominanz kurzer Wellen sorgt für größere Unsicherheiten in der Mittel- und Langfristprognose. Allerings zeigen alle gängigen numerischen Modelle einen Hochkeil über Mitteleuropa bis Tag 5. Nachfolgend wird ein Langwellentrog verbunden mit einem massiven Kaltlufteinbruch bis Tag 7 berechnet, dessen genaue Lage allerdings unterschiedlich beurteilt wird. Während R192F (das neue GME) und ECMF den Trog über der Iberischen Halbinsel prognostizieren, zeigt GFS eine Kaltlufteinbruch weiter östlich über Frankreich bis hin zum Nordosten Algeriens.

Marcus Boljahn, Sebastian Unger

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