Synoptische Kurzanalyse für Deutschland

ausgegeben am Freitag, den 15.10.2004 um 14:30 Uhr MESZ

Benutze Modelle: ECMF Do 12UTC, GME (R192F) Fr 00UTC, GFS Fr 06UTC

Großwetterlage: Langwellentrog und eingelagerter Höhenwirbel West- und Mitteleuropa

aktuelle Situation: Ein mächtiger Höhenwirbel mit Zentrum über dem Ärmelkanal ist derzeit wetterbestimmend. Besonders interessant sind Radiosondenaufstiege aus dieser Region sowie der bereits stratosphärentypische inverse Temperauturgradient im 300 hPa-Niveau. Sie weisen darauf hin, dass die Tropopause (ca. 350 hPa) hier nur noch eine sehr geringe vertikale Mächtigkeit aufweist, so dass energiereiche stratosphärische Luft mit in die Zirkulation einbegriffen werden kann. Dieser Höhenwirbel ist eingebettet in den quasistationären westeuropäischen Langwellentrog, der hochreichend feuchtlabile Luft mit sich führt. Insgesamt zeigt die aktuelle Analyse der Nordhemisphäre fünf quasistationäre Langwellentröge.
In den Höhenwirbel sind kleinere Störungen in Form von Kurzwellentrögen eingelagert, welche stromabwärts um den Wirbel herumgeführt werden und durch (differentielle) ZVA für Hebung sorgen. Diese Kurzwellentröge erfahren insbesondere an den baroklinen Regionen, wo die Isothermen die Isohypsen kreuzen, eine markante Verstärkung.
In der aktuellen Analyse ist auf den Höhenkarten sind zwei solcher Kurzwellentröge auszumachen. Der auf der Ostflanke des Höhenwirbels befindliche Kurzwellentrog hat mit seinem Hebungsgebiet bereits auf den Südosten Deutschlands übergegriffen und zieht nun stromabwärts weiter Richtung Norden. Im Bodendruckfeld wird entsprechend auch eine zugehörige frontale Welle analysiert. Die Hebung wird dabei insbesondere an den bayrischen Mittelgebirgen orographisch zusätzlich verstärkt. Im Südwesten Deutschlands reicht die verbleibende leichte Hebung in der feuchtlabilen maritimen Polarluft (mP) für einzelne Schauer.
Weiter stromaufwärts im Süden des Höhenwirbels befindet sich ein zweiter Kurzwellentrog, dessen Achse von Westfrankreich nach Ostspanien verläuft. Im Gegensatz zum bereits wetteraktiven Kurzwellentrog über Deutschland ist dieser jedoch noch in seiner Entstehungsphase. Auch im Bodendruckfeld ist daher noch kein signifikantes Signal auszumachen.

Beschreibung des Kurzfristzeitraums (Tage 1 bis 3)

Mit der strammen Höhenströmung (Windgeschwindigkeiten verbreitet über 120 Knoten in 300 hPa) können sich auch die Kurzwellentröge rasch verlagern. Während der erste Kurzwellentrog mit seiner frontalen Welle unter Abschwächung nach Norden zieht, begünstigt die südwestliche Höhenströmung die Entwicklung des Kurzwellentrogs an der Südflanke des westeuropäischen Höhenwirbels. So wirken die Erhöhung der relativen Vorticity (durch die südliche Zugbahn), der diabatische Wärmefluss (durch das warme Mittelmeer) und die geringere Bodenreibung (durch die geringere Rauhigkeit über dem Meer) allesamt zyklogenetisch und bereits auf den 00 UTC-Karten von Samstag (Tag 2) wird über Nordwestitalien massiver Druckfall gezeigt. Diese Zyklogenese lässt in den 12 UTC-Karten an Tag 2 eine eigenständige Bodenzyklone entstehen, welche am Sonntag (Tag 3) mit einer Vb-artigen Zugbahn mit seinem Zentrum bis Polen vorankommen soll. Bereits hier unterscheiden sich die Modelle in der Beurteilung von Lage und Kerndruck der Zyklone. Sonntag 00 UTC: GME Zentralpolen Kerndruck <990 hPa, GFS Nordpolen Kerndruck <996 hPa, ECMF Nordwestpolen Kerndruck <995 hPa). Dementsprechend wird auch die Intensität und die Lage der skaligen Niederschlagsfelder unterschiedlich berechnet. Vor allem das GME-Modell belässt große Teile Nordostdeutschlands in großflächigem Regen. Im weiteren Verlauf des Sonntags verlagert sich das Zentrum nur unwesentlich weiter nach Norden, jedoch sorgt anhaltende Zyklogenese für eine weitere Vertiefung und Verstärkung der Zyklone. ( 12 UTC: GME südliche Ostsee <985 hPa, GFS Südschweden <992 hPa, ECMF Südschweden <985 hPa). Ebenso zeigt das GME auch den stärksten Druckgradienten, wobei die Bodenwinde verbreitet die Sturmstärke, in Böen auch orkanartige Sturmstärke erreichen sollen.

Beschreibung des Mittelfristzeitraums (Tage 4 bis 7)

Ab Tag 4 wird von den benutzten Modellen einstimmig ein massiver Kaltluftvorstoß über dem Nordatlantik mit einem anschließenden erneuten Cut-Off gezeigt. Die genaue Position des Höhenwirbelzentrums wird bis Tag 7 (Donnerstag) einheitlich über dem Nordostatlantik und den Britischen Inseln vorhergesagt. Lediglich das "Einfangen" eines Randtroges südlich von Grönland wird unterschiedlich beurteilt.

Marcus Boljahn, Sebastian Unger

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