Glossar

Neigungskonvektion

 


Grundmechanismus & Einbettung in allgemeine Zirkulation:


Die Sonne sorgt durch ihre kurzwellige Solarstrahlung auf unserem Planeten ununterbrochen für eine sogenannte differentielle Erwärmung. Das heißt, die ohnehin schon warmen tropischen Regionen erfahren einen Strahlungsüberschuß (werden als ständig erwärmt), während die polaren Regionen eine negative Strahlungsbilanz aufweisen.
Demzufolge entstehen in der Troposphäre vom Äquator in Richtung der Pole abwärts geneigte Temperaturflächen. Entsprechend umgekehrt verhält es sich mit den Flächen der potentiellen Temperatur. Diese haben eine polwärts positive Neigung. Ebenfalls invers zu den vertikal abnehmenden Temperaturwerten verhalten sich die mit der Höhe zunehmenden potentiellen Temperaturen, da die Troposphäre im Mittel stabil geschichtet ist. Aufgrund dieser geneigten Temperaturflächen ist die untere Atmosphäre im Mittel barokliner Natur, da auf einer isobaren Fläche stets ein Temperaturgradient existieren wird.
Betrachtet man nun eine meridionale Bewegung eines Luftpartikels, so wird dieses ohne äußere Zwangskräfte auf einer geneigten isentropen Fläche bleiben. Unterwirft man diese Bewegung nun einer kleinen vertikalen Störung (z.B. Orographie), so ergeben sich je nach Auslenkung eine Dämpfung oder Verstärkung der Ausgangsstörung.
Im ersten Fall bei der die Stör-Partikeltrajektorie einen größeren Steigungswinkel aufweist als die Isentrope, wird die Störbewegung durch die großräumige Stabiltät allgemein gedämpft. Dies wird anschaulich klar, wenn man ein Luftpartikel auf seiner Stör-Trajektorie z.B. auf seinem Weg Richtung Pol verfolgt. Dabei kreuzt es die Isentropen Flächen von unten her nach oben und gelangt somit in eine wärmere Umgebung.
Betrachtet man im zweiten Fall nun eine ebenfalls zum Pol hin ansteigende Stör-Trajektorie, die allerdings weniger stark ansteigt als die Isentropen selbst. Nun durchqueren die Stör-Partikel auf dem Weg Richtung Pol die Isentropen von oben nach unten, so dass sie in eine kältere Umgebung gelangen. Dadurch bekommt die ohnehin schon (leicht) ansteigende Stör-Trajektorie einen zusätzlichen (verstärkenden) vertikalen Impuls. Man bezeichnet diesen Vorgang daher auch als Neigunskonvektion. Da dieser entstabilisierende Auftrieb erst durch das Vorhandensein einer baroklinen Atmosphäre ausgelöst wird, ist auch die Neigungskonvektion ein Prozeß der baroklinen Instabilität.

Anmerkung:
In den mittleren Breiten ist der horizontale Temperaturgradient und damit auch die Baroklinität vor allem in der oberen Troposphäre besonders stark, da hier die beiden oberen meridionalen Strömungsäste der (thermisch direkten) tropischen HADLEY-Zirkulation (polwärts gerichteter Wind) und der (thermisch indirekten) FERREL-Zelle (äquatorwärts gerichteter Wind) zusammentreffen.
Daher ist dort der Prozess der baroklinen Neigunskonvektion am stärksten ausgeprägt.

Energetische Betrachtung

Die Betrachtung des entstabilisierenden Auftriebfalls ist besonders in energetischer Hinsicht interessant. Ein Teil der in der Atmosphäre vorhandenen totalen potentiellen Energie (Summe aus innerer und potentieller Energie) wird durch den Prozeß der Neigungskonvektion verfügbar gemacht und kann in kinetische Energie umgewandelt werden, was allgemein zyklogenetisch beim aufsteigenden Ast bzw. antizyklogenetisch beim absinkenden Ast wirkt.
Dies geschieht durch die allgemeine Senkung des Schwerpunkts des Luftpakets, welches sich auf der im Fall 2 diskutierten (leicht) ansteigenden Stör-Trajektorie bewegt. Warme und damit leichtere Luft gelangt auf seinem polwärtigen Weg in höhere Schichten, während kalte (schwerere) Luft auf dem umgekehrten Weg in tiefere Schichten gelangt. Netto ist mit diesen beiden Prozessen anschaulich eine Schwerpunktserniedrigung verbunden. Dieser scheinbare "Verlust" an totaler potentieller Energie wird in der Atmosphäre nun instantan ausgeglichen durch die "Entstehung" von kinetischer Energie. Durch Energiedissipation in Folge von Reibung schließt sich dieser Kreislauf dann wieder, denn durch diesen Prozess erhöht sich die totale potentielle Energie (hauptsächlich Gewinn an innerer Energie) und somit steigt auch wieder der Schwerpunkt an.
Tatsächlich ist dieser Prozess von Schwerpunktserniedrigung über Energieumwandlung und Schwerpunktserhöhung natürlich kein wirklicher Kreislauf. Alle drei Prozesse laufen mehr oder weniger parallel ab.

Klimatologie der Neigungskonvektion:

Wie bereits eingangs erwähnt, ist die Neigungskonvektion und damit auch die Rate der Zyklogenese bzw. Antizyklogenese abhängig von der Baroklinität. Durch die unterschiedlichen Einstrahlungsverhältnisse im Sommer und Winter ist der horizontale Temperaturgradient unterschiedlich stark ausgeprägt. In den jeweiligen hemisphärischen Wintermonaten ist der mittlere Temperaturgradient größer als in den Sommermonaten. Daraus resultiert auch eine größere Baroklinität im Winter, so dass ein größerer Antrieb für die Neigungskonvektion besteht.
Dies erklärt auch die allgemein stärker angeregte Zirkulation in den Wintermonaten.

© Marcus Boljahn, Sebastian Unger

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