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Definition:
Der Prozess der Entstehung einer Bodenzyklone wird allgemein
als Zyklogenese bezeichnet. Auch die weitere Vertiefung einer
bereits bestehenden Zyklone wird als Zyklogenese bezeichnet.
In den mittleren Breiten geht mit einer Zyklogenese die Entwicklung
eines Frontensystems (Kaltfront, Warmfront, Okklusion) einher.
Zyklogenetischer Antriebsmechanismus:
Bei der Zyklogenese wirken grundsätzlich zwei Aspekte,
die jeweils aufeinander abgestimmt sein müssen. Zum einen muss
der Bodenluftdruck fallen und zum anderen muss ein zyklonales
Windfeld ausgebildet werden.
Zur Umsetzung des ersten Aspektes, damit also ein Bodentief entstehen
kann, ist die Existenz von geschlossen Isallobaren
eine notwendige Voraussetzung. Nach der von MARGULES aufgestellten
Drucktendenzgleichung ist bekannt, dass sich der Druck nur durch
horizontale Vergenzen ageostrophischer Masseflüsse ändern
kann. Im konkreten Fall sorgt eine horizontale Divergenz
des ageostrophischen Masseflusses für einen Druckfall.
Ist der ageostrophische Massefluss konvergent, so steigt
der Druck an. Das bedeutet im Umkehrschluß aber auch,
in einem rein geostrophischem Windfeld
finden praktisch keine Druckänderungen statt. Lediglich die
zu den Polen hin leicht konvergent verlaufenden Meridiane bedingen
(im synoptischen Scale allerdings zu vernachlässigende) Vergenzen.
Berücksichtigt man diesen als Beta-Effekt bezeichneten Einfluss,
so beobachtet man einen Druckanstieg bei polwärtigen Strömungen
und Druckfall bei Strömungen in Richtung Äquator.
Da aber nun ageostrophische Winde und erst Recht die (sehr kleinen)
resultierenden horizontalen Vergenzen allgemein messtechnisch äußerst
schwer erfassbar sind, können Druckfalltendenzen auf direktem
Weg nur stark fehlerbehaftet prognostiziert werden. Allerdings können
horizontale Vergenzen auf indirektem Wege über Vorticitygleichung
und Kontinuitätsgleichung ermittelt werden. So induzieren
aufsteigende Vertikalbewegungen (über die Kontinuitätsgleichung)
und VA (über die Vorticitygleichung)
ein horizontal divergentes Windfeld. Somit sind alle Terme der Omegagleichung,
die Aufsteigen verursachen gleichzeitig auch divergenzerzeugende,
also zyklogenetische Faktoren. Dies sind zyklonale (positive) DVA,
positive TA (WLA),
differentielle Reibung und diabatische
Erwärmung.
Neben diesen aus der Quasigeostrophischen
Theorie abgeleiteten Antriebsmechanismen für Druckfall,
unterstützt ausserdem natürlich auch eine geringe vertikale
Stabilität diesen ersten Aspekt der Zyklogenese, da Vertikalbewegungen
beschleunigt werden.
Die jeweils inversen Antriebsterme und eine hohe vertikale Stabilität
bedingen demnach ein horizontal konvergentes Windfeld, was Druckanstieg
zur Folge hat.
Der zweite zyklogenetische Aspekt, die Erzeugung eines zyklonalen
Windfeldes am Boden, wird über die Reibung realisiert.
In der PGS erfährt der Wind je nach
Stärke der Reibung eine ablenkende ageostrophische Kraft zum
tiefen Luftdruck hin. Diese sogenannten geotriptischen Winde erzeugen
also eine konvergente Strömung in Tief- und eine divergente
Strömung in Hochdruckgebieten. Über die Vorticitygleichung
(Konvergenz=Erzeugung zyklonaler relativer Vorticity) wird
nun ersichtlich, dass durch die Reibung der zweite zyklogenetische
Aspekt eines zyklonalen Windfeldes realisiert wird.
Quelle: www.wetter3.de
Ganz stark vereinfacht zeigt diese Skizze die resultierenden Horizontal-
und auch Vertikalvergenzen bei entsprechender Vertikalbewegung in
einer inkompressiblen Atmosphäre. Links Aufsteigen, was aus
Kontinuitätsgründen bodennah mit Horizontal(richtungs)konvergenz
und Vertikal(geschwindigkeits)divergenz einhergeht. Bei aussetzender
Reibung im Gradientwindniveau an
der Obergrenze der PGS nimmt die Horizontalkonvergenz
langsam ab. Die nun nicht mehr beschleunigte aufsteigende Vertikalbewegung
(also Vertikalgeschwindigkeitskonvergenz) führt nun aus Kontinuitätsgründen
zu einer oberen Horizontal(richtungs)divergenz.
Rechts die umgekehrten Verhältnisse mit Absinken und oberer
Horizontalkonvergenz sowie bodennaher Horizontaldivergenz. Dazwischen
in ca. 500 hPa befindet sich das divergenzfreie Niveau.
Um Druckfall auf dem linken Bild zu haben, muss nun über die
gesamte vertikale Luftsäule eine Nettodivergenz übrig
bleiben. Mit anderen Worten, die obere Divergenz muss stärker
sein als die untere Konvergenz. Auch auf dem rechten Bild ist
trotz Absinken also theoretisch Druckfall möglich, wenn die
bodennahe Divergenz größer ist als die obere Konvergenz.
Nun ergibt sich im synoptischen Scale aber in der Höhe stets
ein größerer ageostrophischer Massefluss, so dass die
oberen Vergenzen größenordnungsmäßig überwiegen
und die eingangs getroffenen zyklogenetischen Antriebsterme nun
auch eine Begründung erfahren.
Auch die unterschiedliche Bodenreibung hat einen kleinen
Effekt auf die vertikal aufintegrierte Nettodivergenz, denn bei
geringerer Reibung in Bodennähe (z.B. über Wasser) wird
die bodennahe horizontale Vergenz weitaus schwächer ausfallen,
was im Falle aufsteigender Vertikalbewegung Luftdruckfall bewirkt.
Jedoch ist bei der Betrachtung der Bodenreibung ein anderer Aspekt
viel entscheidender. Bodennah werden reibungsbedingt die Winde natürlich
abgeschwächt, so dass ein Großteil der vorhandenen relativen
Vorticity allein schon durch die geringeren Windgeschwindigkeiten
dissipiert, also abgeschwächt wird. Dem entgegen wirkt allerdings
die Vorticityproduktion infolge der Horizontalkonvergenz. Im Gegensatz
dazu wird in der freien Atmosphäre durch die obere Horizontaldivergenz
allerdings zyklonale relative Vorticity abgebaut. Durch die dort
fehlende Reibung wird also netto Vorticity abgebaut. Da anschaulich
Vorticity durch diesen rein barotropen Effekt aus der PGS "ausgepumpt"
wird, bezeichnet man diesen Prozess nach dem Entdecker auch als
EKMAN-Pumping.
Umgekehrt ist bei Absinken auf der rechten Seite dann eine Nettovorticityprduktion
zu beobachten, das als EKMAN-Sunction deklariert ist. Alles
in allem ergibt sich demnach eine geschlossene barotrope Sekundärzirkulation
durch die Reibung.
Durch die geringere Reibung über ebenem Untergrund (z.B. Wasser)
kann also weniger Vorticity dissipieren, so dass hier Zyklogenese
besonders angeregt wird.
Insgesamt ist also auf dem linken Bild Zyklogenese
und auf dem rechten Bild der entgegengesetzte Prozess, Antizyklogenese,
zu erwarten.
Anschauung:
Da fast alle zyklogenetischen Antriebsterme barokliner Natur sind
(lediglich ZVA und Bodenreibung sind barotrope
Effekte), ist die relative Lage von Isothermen
und Isohypsen zueinander, also die
Baroklinität, von essentieller Bedeutung. Als besonders günstig
für die Zyklogenese erweist sich dabei eine um eine Viertel
Wellenlänge gegenüber dem Isohypsenfeld nach hinten phasenverschobene
Isothermenwelle. Das aufsteigende zyklogenetische Gebiet befindet
sich in diesem Fall nämlich in der Warmluft,
so dass eine thermisch direkte vertikale Solenoidalzirkulation
angeregt wird. Darüber hinaus kann die in der Warmluft enthaltene
Feuchtigkeit beim Aufsteigen auskondensieren, so dass latente (diabatische)
Wärme freigesetzt wird, was ebenfalls ein zyklogenetischer
Prozess ist. Es erfolgt also anschaulich eine Art Auspumpen des
Warmsektors.
Mit anderen Worten ist es also günstig für die Zyklogenese,
wenn das thermische Windfeld einen
diffluenten Wellenrücken bildet, da das Druckfallgebiet
nun auf der Vorderseite des thermischen Troges ist und hier zyklonale
thermische Vorticity advehiert
wird, was äquivalent zu zyklonaler DVA
ist. Dabei ist die Zyklogenese nun umso heftiger, je barokliner,
also je größer der Isothermengradient
ist. Mit der daraus resultierenden stärkeren Höhenströmung
sind natürlich auch größere Windscherungen und demnach
auch größere DVA verbunden. Durch
einen stärkeren thermischen
Wind wird also auch das Aufsteigen intensiver, so dass gleichzeitig
auch der latente Wärmefluss durch Kondensation
gesteigert wird.
Quelle: www.wetter3.de
Solche eine barokline Welle ist auf dieser Abbildung zu sehen. Im
Gebiet der stärksten Hebung, also auf der linken diffluenten
Ausströmseite des Jetstreaks auf
der Trogvorderseite, findet nach oben beschriebenem Mechanismus
auch die stärkste Zyklogenese statt, was durch durch das eingezeichnete
Tief abgebildet ist. Gegenüber dem Trogzentrum ist das Bodentiefzentrum
also vorgelagert, so dass sich eine vertikal negative geneigte Achse
ergibt, was die folgende einfache Skizze verdeutlicht.
Anders ausgedrückt, bei rückwärtiger Achsenneigung
kann die DVA direkt nach unten auf das Bodentief
zyklogenetisch einwirken, was bei senkrechter Achse unmöglich
ist. Eine fast senkrechte Achse verdeutlicht demnach, dass der zyklogenetische
Antrieb fehlt und die Zyklone quasistationär wird. Nun beginnt
durch die reibungsbedingte anhaltende Bodenkonvergenz das Auffüllen
und damit die Zyklolyse.
Energetische Betrachtungen:
Lange Zeit glaubte man, dass die für die Zyklogenese nötige
kinetische Energie aus der kinetischen Energie des Jetstreams
gewonnen wird. Damit lassen sich aber die gewaltigen energetischen
Umwälzungen, die bei einer intensiven Zyklogenese auftreten,
nicht annähernd erklären.
Stattdessen ist es das Prinzip der Neigungskonvektion,
welchem als Motor die differentiellen Erwärmung der
Erde durch die Sonne zu Grunde liegt. Die Neigungskonvektion
erklärt, warum totale potentielle Energie in einer baroklinen
Atmosphäre verfügbar gemacht werden und in kinetische
Energie (der Zyklogenese) umgewandelt werden kann. Im
Mittel kann die Atmosphäre ca. 10 % ihrer totalen potentiellen
Energie über diesen Weg verfügbar machen, was die teilweise
unglaublichen kinetischen Energien in Verbindung mit Zyklonen erklärt.
Rapide Zyklogenese:
Erreicht der Druckfall Werte von über 1hPa/h über
einen 24 Stundenzeitraum, so spricht man von rapider Zyklogenese.
Damit eine solche heftige Zyklogenese in Gang gesetzt werden kann,
ist neben allen bisher beschriebenen ein weiterer Antriebsterm von
Nöten.
Auf der Trogrückseite kann unter Umständen hochtroposphärische
bzw. niederstratosphärische Luft bis in die Frontalzone
absinken. Dies geschieht insbesondere bei Katakaltfronten.
Diese trockene und äußerst stabile niederstratosphärische
Luft enthält hohe Werte an isentroper potentieller
Vorticity (IPV). Durch den trockenen Ansaugaspekt wird dieser
Prozess auch Dry Intrusion genannt. Besonders schön
zu sehen ist dies auf dem Wasserdampfbild vom 27.Oktober 2004 über
der Biskaya.
Quelle: www.eumetsat.de
Gelangt diese Luft mit ihren hohen IPV-Werten
nun mit der Höhenströmung auf die Trogvorderseite und
wird dort gehoben, so werden die Luftpakete dort gestreckt und die
Schichtung enorm potentiell labilisiert. Nach dem Erhaltungssatz
der IPV erhöht sich dadurch massiv die
relative Vorticity. Zwar wirkt die Vorticityproduktion über
die resultierende isentrope Konvergenz leicht Druckansteigend, allerdings
werden vor allem auch durch die enorme Labilisierung mächtige
Vertikalbewegungen angeregt. Diese wirken enorm zyklogenetisch und
erklären die auftretenden Druckfalltendenzen bei Dry Intrusions..
Bei der entsprechenden Bodenzyklone
CAROLIN wurden Druckfalltendenzen von ca. 30hPa/24h registriert.
© Marcus Boljahn
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