Glossar
   

Synoptische Kurzanalyse für Deutschland

ausgegeben am Freitag, den 12.11.2004 um 13:15 Uhr MEZ

Benutzte Modelle: GME (R192F) Fr 00UTC, ECMF Fr 00UTC, GFS Fr 00UTC

Synoptischskalige Wellensituation: Langewellenkeil Nordatlantik, Cut-Off-Höhenwirbel Südwesteuropa, Trog Mitteleuropa

aktuelle Situation:

Ein breites Spektrum verschiedener nordhemisphärischer ROSSBY-Wellen zeigt die aktuelle harmonische Wellenanalyse. Ein hoher Varianzanteil ergibt sich für die stationären Wellenzahlen 1 und 4, sowie für einige kurze Wellen (vor allem Wellenzahl 8, 9, 10). Anhand der leicht in Richtung Nordostsibirien verschobenen nordhemisphärischen Zirkulation erklärt sich die Welle 1, während die vier dominanten Langwellentröge (Nordostamerika, Mitteleuropa, Zentralasien, Nordpazifik) recht symmetrisch um den Nordpol verteilt sind. In den Polarfront-Jetstream sind nun zahlreiche, teils sehr markante Jetstreaks und Kurzwellentröge eingelagert. Auf der diffluenten linken Seite eines sehr starken Jetstreaks waren über Nordeuropa ideale Bedingungen (differentielle ZVA) für eine kräftige Zyklogenese gegeben. Somit konnte ein Orkanwirbel mit Zentrum über dem Nordmeer (Kerndruck 6UTC: <966 hPa) mit Ausmaßen einer Steuerungszyklone enstehen. Der äußerste Norden Deutschlands befindet sich damit im gradientstarken direkten Einflussbereich dieser mächtigen Zyklone, deren wenig wetteraktive Warmfront derzeit mit der nachfolgenden maritimen Subtropikluft (mS) über der Nordsee liegt.
Vollständig vom polaren Jetstream abgekoppelt hat sich ein Cut-Off-Höhenwirbel über Südwesteuropa, dessen konvektive Bewölkung in der hochreichenden Kaltluft auf dem IR-Bild sehr gut sehen ist. Dieser Höhenwirbel konnte abgekoppelt von der westlichen Hauptströmung seinen Einfluss bis nach Nordwestafrika ausweiten, so dass er auf seiner Südflanke durch Zusammenschluß mit dem Subtropenjet eine Verstärkung erfährt. In den Höhenwirbel eingelagerte Vorticityzentren werden nun vor allem durch die stärkere Windscherung zusätzlich intensiviert. Die nun ebenfalls stärkere differentielle ZVA lässt aktuell eine Bodenzyklone über Zentralalgerien enstehen. Eine zweite kleinere Zyklone wird zudem über dem zentralen Mittelmeer analysiert.
Korrospondierend zu dieser allgemeinen synoptischskaligen Wellensituation sind sowohl der nordatlantische als auch der osteuropäische Raum unter antizyklonalem Einfluss. Die beiden Bodenantizyklonen konnten sich dabei über dem südlichen Mitteleuropa über eine Hochdrückbrücke verbinden. Demzufolge ist der Süden Deutschlands eher antizyklonal geprägt. Alle eingeflossenen Luftmassen haben daher in der allgemein recht gradientschwachen Bodenströmung mittlerweile ihre Jahreszeitentypische Prägung (Nord- und Mitteldeutschland xPs, Süddeutschland xSp) erhalten.

Beschreibung des Kurzfristzeitraums (Tage 1 bis 3)

Kräftiger Geopotentialfall über Mitteleuropa infolge dem gleichzeitigen Wirken von ZVA und KLA vergrößert der mitteleuropäische Trog an Tag 1 (Freitag) rasch seine Amplitude. Ab Samstag (Tag 2) ist der Geopotentialfall bereits so weit fortgeschritten, dass der einst abgetrennte Höhenwirbel nun wieder in die Zirkulation des Troges mit einbezogen wird. Zudem deutet leicht phasenverschobene und auch etwas weiter amplifizierte Temperaturwelle des Troges nach der ROSSBY´schen Wellentheorie aktuell bereits die anstehende progressive Verlagerung des Troges an.
Damit einhergend überquert das Frontensystem der nordeuropäischen Steuerungszyklone von Nordwesten her Deutschland. Die zunächst im Warmsektor eingeflossene mS (pseudopotentielle Temperatur ca. 40°C) wird bereits an Ende von Tag 1 durch die nachfolgende maritime Arktikluft (mA) mit pseudopotentiellen Temperaturen von ca. 12°C sehr schnell verdrängt. An der zugehörigen Kaltfront und auch in der nachfolgenden feuchtlabilen Kaltluft sind konvektive Niederschläge, teils als Schnee, möglich, welche an Tag 2 von Nordwesten her auch den Rest der Republik überqueren und an den Luvseiten der Mittelgebirge durch orographisch induzierte Hebung zusätzlichen Antrieb erfahren. Ferner kann sich im Norden einhergehend mit dieser Entwicklung der Bodendruckgradient verstärken, so dass verbreitet Sturmböen ab Tag 2 erwartet werden.
Gleichzeitig erfährt die an Tag 1 über Nordwestafrika begonnende Zyklogenese auf der Vorderseite des Höhenwirbels einen neuen Antrieb durch den diabatischen Wärmefluss des warmen Mittelmeeres und die nachlassende ageostrophische konvergente (auffüllende) Bodenwindkomponente infolge der geringeren Reibung über Wasser. Bereits an Tag 3 (Sonntag) erreicht die Mittelmeerzyklogenese dann ihren Höhepunkt, wobei lediglich das neue GME-Modell (R192F) eine Sturmzyklone mit unter 990 hPa simuliert.

Beschreibung des Mittelfristzeitraums (Tage 4 bis 7)

Ab Tag 4 zeigen alle Modelle infolge des weiter nach osten abziehenden Troges einen erneuten Cut-Off-Prozess über Südeuropa mit einer anschließenden Zonalisierung ab Dienstag (GFS) bzw. Mittwoch (GME und ECMF). An Tag 7 sehen alle Modelle Mitteleuropa relativ einheitlich im Einfluss eines Langwellentroges, der jedoch in seiner Wellenlänge unterschiedlich beurteilt wird.

© Marcus Boljahn, Sebastian Unger

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