Glossar

 

Polarfront-Jetstream
 

Idee:

Wie bereits allgemein bei der Diskussion von Jetstreams erläutert ist der horizontale Temperaturgradient in den mittleren Breiten ganzjährig besonders stark ausgeprägt. Die Grenze zwischen den kalten polaren und den gemäßigten wärmeren Luftmassen wird als Polarfront bezeichnet.


Definition:

Das in Zusammenhang mit der Polarfront entstehende quasihorizontale Starkwindband wird als Polarfront-Jetstream bezeichnet.


Anschauung:

Die hyperbarokline Struktur der Polarfront ist oftmals so stark, dass sie bis zum Boden herabreicht und dort als Front bezeichnet wird. Die Skizze zeigt im Meridionalschnitt sehr anschaulich die Lage der Polarfront und des Jetstreams.

Die Jetachse mit der höchsten Windgeschwindigkeit liegt dabei genau in dem Höhenniveau, wo der horizontale Temperaturgradient seinen Nullpunkt hat und anschließend mit der Höhe seine Richtung ändert. Der thermische Wind "weht" dementsprechend unter der Jetachse stetig zunehmend aus westlichen Richtungen und darüber stetig abnehmend aus Ost.
Ferner zeigt sich, dass die Tropopause im Gebiet der Frontalzone sprunghaft abfällt und die Polarfrontschicht allgemein einer Neigung unterliegt, bei der die Kaltluft keilförmig unter der Warmluft angeordnet ist.
Der Polarfront-Jetstream erscheint jedoch selten so klar definiert, da eine gescherte rein zonale Strömung bereits unter barotropen Verhältnissen eine instabile Situation darstellt. ROSSBY zeigte, dass stattdessen atmosphärische Wellen in den mittleren Breiten den stabilen Grundzustand beschreiben. Demnach erscheint der Polarfront-Jetstream mehr oder weniger stark mäandrierend. Auch muss die Polarfrontalzone nicht zirkumpolar komplett geschlossen sein, sondern weist insbesondere in weniger baroklinen Gebieten z.T. auch diffuse Strukturen auf.
Betrachtet man nun reale barokline Verhältnisse, so sind Frontalzonen Gebiete hoher Instabilität und es kann damit einhergehend zur Umwandlung von potentieller in kinetischer Energie, sprich zur Zyklogenese kommen. Die entstehenden Zyklonen weisen bodennah stets eine reibungsbedingte konvergierende ageostrophische Windkomponente auf. Diese Horizontalkonvergenz der (geotriptischen) Bodenwinde erklärt also sehr anschaulich die beobachtete Aufrechterhaltung der frontalen Schicht am Boden. Bei besonders starker Horizontalkonvergenz wird der Temperaturgradient sogar verstärkt und es kommt zu einer Frontogenese.
Da die polaren Luftmassen im Winter weiter in Richtung Äquator vorankommen, ist auch der Polarfront-Jetstream im Winter in etwas niedrigere Breiten verschoben. Unter besonders günstigen Umständen (große Amplitude) kann es sogar zu Kontakt mit dem Subtropen-Jetstream kommen.
In diesem Fall erreicht die Windgeschwindigkeit im Jetstreak dann oftmals über 150 m/s.
Generell werden die höchsten Windgeschwindigkeiten bei stärkster antizyklonaler Krümmung in den Keilen gemessen, da hier der Gradientwind supergeostrophischer Natur ist, während bei starker zyklonaler Krümmung in den Trögen subgeostrophische Gradientwinde wehen. Der super- bzw. subgeostrophische Term ist in Größenordnung der ROSSBY-Zahl und wird somit umso größer, je stärker der Grundstrom und/oder je kleiner der Coriliosparameter bzw. je kleiner die Wellenlänge des Trogs/Keils. Kurzwellenkeile in niedrigen Breiten weisen somit die intensivsten Jetstreaks auf.


Energetische Betrachtungen:

Auch durch den Polarfront-Jetstream kommt es im Mittel zu einem meridionalen Drehimpulstransport. Anders als beim Subtropenjet, wo die starke meridionale HADLEY-Zirkulation auf ihrem oberen Ast hohe äquatoriale Drehimpulswerte direkt polwärts transportiert, realisieren die ROSSBY-Wellen der mittleren Breiten einen polwärtigen Drehimpuls durch einen anderen Mechanismus. So wiesen die meisten ROSSBY-Wellen eine positiv geneigte Achse auf. Dies führt anschaulich dazu, dass die Gebiete mit polwärtiger Strömung flächenmäßig gegenüber den äquatorwärtigen dominieren und somit ein polwärtiger Netto-Drehimpulstransport übrig bleibt. Zwar wirken der äquatorwärtige obere Ast der FERREL-Zelle sowie negative geneigte ROSSBY-Wellen kompensatorisch, jedoch zeigen Messungen, dass der Drehmimpulsaustausch über positiv geneigte Wellen in den mittleren Breiten letztlich dominiert.


© Marcus Boljahn

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