Idee:
Die Atmosphäre verhält sich nur in der großräumigen
synoptischen Skala hydrostatisch. Von entscheidenem Interesse
für die Wettervorhersage sind aber oftmals mesoskalige nichthydrostatische
Prozesse, vor allem die Feuchtkonvektion. Die vertikalen
Schichtungseigenschaften der Atmosphäre geben eine wichtige
Auskunft darüber, ob Aufwärtsbewegungen (die ja Feuchtkonvektion
auslösen) beschleunigt oder gedämpft werden. Nun ist
es aber von essentieller Bedeutung zu wissen, bis zu welchem Höhenniveau
und mit welcher Intensität aufwärts gerichtete Vertikalbewegungen
stattfinden, denn dies ist ein sehr wichtiges Kriterium bei der
Vorhersage mesoskaliger konvektiver Ereignisse, wie z.B. Gewitter.
Man also an einer physikalischen Größe interessiert,
die umschreibt, wieviel potentielle Energie durch die aktuelle
(feuchtlabile) Schichtung bei Feuchtkonvektion in kinetische Energie
umgesetzt werden kann. Oder anders formuliert, man sucht ein Maß
für die durchschnittliche Labilität der Atmosphäre
bei Hebung, welches die Intensität der Vertikalbewegung charakterisiert.
Definition:
Die Labilitätsenergie ist definiert als die Arbeit,
die an einem aufsteigendem LAGRANGE`schen Luftpaket zwischen zwei
Schichten verrichtet wird. Diese Arbeit ergibt sich aus dem Produkt
der ARCHIMEDISCHEN Auftriebskraft und der überwundenen Höhendifferenz.
Da die Schichtungskurve in jedem Punkte einen anderen Anstieg
aufweisen kann (variierender geometrischer
Temperaturgradient), kann demzufolge auch die ARCHIMEDISCHE
Auftriebskraft in jedem Niveau einen unterschiedlichen Wert aufweisen,
so dass die Labilitätsenergie nur über die Integralbildung
sinnvoll ermittelt werden kann.
Analog zur Labilitätsenergie wird oftmals der Begriff
CAPE (convective available potential energy) verwendet.
Dies ist tatsächliche eine sehr physikalische Beschreibung,
denn die Labilitätsenergie gibt letztlich anschaulich an,
wieviel potentielle Energie durch Konvektion in kinetische Energie
umgewandelt, also verfügbar gemacht, werden kann.
Eine Schichtung in der insgesamt an einem vertikal ausgelenkten
Luftpaket keine Arbeit verrichtet wird, oder gar dieses Luftpaket
Arbeit verrichten muss um eine Vertikalbewegung auszuführen,
wird mit CAPE=0 definiert. Ist CAPE positiv, so spricht
man von einer latent labilen Schichtung.
Da jedoch Feuchtkonvektion nicht immer zwingend vom Boden ausgehen
muss, werden sinnvollerweise weitere "Unterarten" von
CAPE definiert, die jeweils eine untere Grenze der Integration
besitzen.
SBCAPE (surface based CAPE) beschreibt die gesamte atmosphärische
Labilitätsenergie eines direkt vom Bodenniveau aus gehobenen
Luftpakets. Alle von der Grundschicht abgekoppelten konvektiven
Ereignisse (abgehobene "elevated" Konvektion) werden
mit dieser Methode zumeist stark unterschätzt. Auch eine
Überschätzung der konvektiv möglichen Tätigkeit
ist bei SBCAPE möglich, wenn nämlich der bodennahe Taupunkt
in einer insgesamt aber eher trockenen PGS
extrem hoch ist.
MUCAPE (most unstable CAPE) ist dagegen der höchste
CAPE-Wert in der Tropopause und
wird daher erst vom LFC aus berechnet. Im Extremfall ist MUCAPE=SBCAPE,
wenn das LFC genau im Ausgangsniveau sich befindet. Mit Hilfe
von MUCAPE kann man vor allem die Möglichkeit einer abgehobenen
Konvektion besser beurteilen.
MLCAPE (mixed layer CAPE) wird analog dem SBCAPE auch vom
Boden aus aufintegriert, allerdings werden als Ausgangsdaten die
mittleren Temperatur- und Feuchtewerte der unteren 100 hPa als
Startwert für die Hebungskurve
zur Berechnung von MLCAPE verwendet.
Um dem beim SBCAPE erwähnten Fehler bei starkem vertikalen
Taupunktsgradient entgegenzuwirken, wird MLCAPE berechnet. Gelegentlich
wird auch nur über die untersten 50 oder 30 hPa gemittelt.
Man erwähnt dies dann explizit dahinter als MLCAPE50 oder
MLCAPE30.
Allen gemeinsam ist die gleiche definierte Integrationsgrenze.
Dies ist das sogenannte Gleichgewichtsniveau (equillibrium
level), welches den letzten Schnittpunkt von Hebungs-
und Schichtungskurve darstellt.
Allerdings hat die Hebungskurve
jeweils andere Startpunkte, so dass das Gleichgewichtsniveau bei
den verschiedenen CAPE-Arten im Normalfall unterschiedlich hoch
liegt. Je nach vertikaler Schichtung liegt dieses Gleichgewichtsniveau
zwar meistens in der Nähe der Tropopause,
kann sich aber sowohl darüber als auch darunter befinden.
Anschauung:
Verwendet man in einem Temp als Ordinate ln p, so ergibt sich
CAPE sehr anschaulich aus der Schnittfläche zwischen Hebungskurve
und Schichtungskurve, denn
die umschlossenen Flächen der Zustandskurven in solchen Diagrammen
sind proportional zur verrichteten Arbeit. Dabei entstehen die
gewünschten positiven CAPE-Werte wenn die Hebungskurve
im Vergleich zur Schichtungskurve
auf der (wärmeren) rechten Seite liegt. Nun gibt eine einfache
graphische Addition der Flächen darüber Aufschluß,
ob eine latent labile Schichtung (CAPE positiv) vorliegt und vertikale
Bewegungen durch die Schichtung beschleunigt werden.
Quelle: www.wetteran.de
Die unterste Grenzschicht ist bis zum LFC trockenindifferent geschichtet,
so dass Hebungs- und Schichtungskurve
exakt gleich verlaufen. Ab dem LFC folgt die Hebungskurve
der Feuchtisentropen bis sich beide Kurven im Gleichgewichtsniveau
(EL) letztmalig schneiden. Die türkise Fläche repräsentiert
also SBCAPE, der in diesem Fall nahezu exakt mit MLCAPE wäre.
Quelle: www.wetteran.de
Diese Abbildung zeigt sehr anschaulich den Unterschied zwischen
SBCAPE und MUCAPE. Während SBCAPE (grüne gestrichelte
Linie) Null ist, ergibt sich für die ab dem LFC berechnete
MUCAPE positive Werte. Somit besteht die Möglichkeit für
abgehobene "elevated" Konvektion, falls die unterste
feuchtstabile Schicht mit Vertikalbewegung überwunden werden
kann.
Anmerkung: Das oftmals benutzte STÜVE-Digramm
benutzt als Ordinate p hoch kappa, so dass CAPE hier nicht mehr
proportional zur eingeschlossen Fläche zwischen Hebungs-
und Schichtungskurve ist.
Dafür ergeben sich in dieser Diagrammform geradlinig ansteigende
Isentropen, so das die potentielle
Temperatur leichter bestimmt werden kann.
Allgemeine
Erklärung und Interpretation der atmosphärischen Schichtungseigenschaften
unter: vertikale Stabiltätsmaße
© Marcus Boljahn