Definition:
Linien gleicher Windrichtung werden als Isogonen bezeichnet.
Bei der Transformation vom herkömmlichen kartesischen in
ein natürliches Koordinatensystem wird der Drehwinkel
zwischen den Basisvektoren der beiden Koordinatensysteme als Isogonenwinkel
bezeichnet. Im 3D-Fall ergibt sich ein weiterer Winkel, der das
Kippen der Vertikalachse umschreibt.
Anwendung:
Isogonen werden nur äußerst selten für
aerologische Felddarstellungen benutzt, da das Geopotentialfeld
alle notwendigen Informationen zur (geostrophischen)
Windrichtung enthält.
Jedoch wird die (horizontale) Bewegungsgleichung bei Transformation
ins natürliche Koordinatensystem um einiges anschaulicher.
Dabei wird die Normalkomponente als Isogonengleichung bezeichnet.
Die Tangentialkomponente ergibt die Isotachengleichung.
Bedeutung der Isogonengleichung:
Die Isogonengleichung beschreibt ein Kräftegleichgewicht
zwischen Druckgradient-, Coriolis- und Zentrifugalkraft. Das geostrophische
Gleichgewicht wurde also um den Einfluss der Zentrifugalkraft
erweitert. Man spricht in diesem Fall vom zyklostrophisch-geostrophischen
Gleichgewicht. Anders als bei der Bewegungsgleichung im kartesischen
Koordinatensystem taucht bei der Isogonengleichung im natürlichen
Koordinatensystem auch explizit ein Term auf, der die Zentrifugalbeschleunigung
beschreibt. Dieser Zentrifugalterm ist abhängig von der (individuellen)
zeitlichen Änderung des Isogonenwinkels, der Isogonenwinkelgeschwindigkeit.
Aus geometrischen Überlegungen wird dabei sofort ersichtlich,
dass die Zentrifugalbeschleunigung (und damit auch die
Isogonenwinkelgeschwindigkeit) nun umso stärker ist,
je größer die Krümmung (der Trajektorie)
und je größer die Windgeschwindigkeit
ist.
Stellt man die Isogonengleichung nach dem Wind um, so liefert
sie demnach den zyklostrophisch-geostrophischen Wind, auch Gradientwind
genannt. Der Gradientwind stellt
folglich eine weitaus realistischere Approximation realer Windverhältnisse
dar, als der geostrophische Wind, der die Zentrifigulkräfte
nicht berücksichtigte.
Interpretation der Isogonengleichung:
Nun kann man die Terme der Isogonengleichung (am Beispiel der
Nordhemisphäre) auch noch sehr gut interpretieren.
Der Zentrifugalbeschleunigungsterm (auf der linken Seite
der Gleichung) ist wie erwähnt abhängig von der Krümmung
der Trajektorie und dem Betrag der Windgeschwindigkeit und kann
daher je nach Krümmung positiv (zyklonal) oder negativ (antizyklonal)
werden.
Der Druckgradientbeschleunigungsterm (auf der rechten Seite
der Gleichung) enthält die (negative) Druckänderung
in Normalenrichtung. Diese ist nach dem barischen Windgesetz auf
der Nordhemisphäre stets negativ, so dass der Term insgesamt
(durch das negative Vorzeichen) immer positiv ist. Zu guter letzt
bleibt (auf der rechten Seite) noch die Coriolisbeschleunigung,
welche ebenso wie die Zentrifugalbeschleunigung geschwindigkeitsabhängig
ist. Zudem ist ihre Ursache in der Erddrehung begründet,
so dass sie auch noch vom (breitenkreisabhängigen) Coriolisparameter
abhängt. Durch das negative Vorzeichen ist die Coriolisbeschleunigung
also stets ein negativer Term und wirkt der Druckgradientbeschleunigung
entgegen. Daher gibt es nun interessante Interpretationsmöglichkeiten.
1.) Kompensieren sich Druckgradient- und Coriolisbeschleunigung
exakt, so liegt eine (krümmungsfreie) exakt geostrophische
Strömung vor.
2.) Überwiegt
die Druckgradientbeschleunigung, so ergibt sich eine positive
Zentrifugalbeschleunigung und dementsprechend eine zyklonale
Krümmung der Trajektorien.
3.) Überwiegt die Coriolisbeschleunigung, so ergibt sich
eine negative Zentrifugalbeschleunigung und dementsprechend eine
antizyklonale Krümmung der Trajektorien.
4.) Bei nicht vorhandener Coriolisbeschleunigung sind Druckgradient-
und Zentrifugalbeschleunigung exakt gleich. Man spricht von einem
zyklostrophischen Gleichgewicht.
5.) Bei keiner Druckgradientbeschleunigung sind Zentrifugal- und
Coriolisbeschleunigung im Gleichgewicht und es kommt zu einer
reinen Trägheitströmung. Dies ist für die freie
Atmosphäre allerdings nicht relevant, wird aber bei Meeresströmungen
beobachtet.
Die Fälle 2.) und 3.) ergeben ferner eine interessante Aussage
zur Windgeschwindigkeit im Vergleich zur vorliegenden Krümmung.
So ist offensichtlich, dass um jeweils die gleiche Windgeschwindigkeit
erreichen zu wollen, bei zyklonaler Krümmung ein stärkerer
Druckgradient gebraucht wird als bei antizyklonaler Krümmung.
Anders ausgedrückt, der Wind weht bei gleichem Druckgradienten
in einem Tief schwächer (Subgeostrophie) als in einem
Hoch (Supergeostrophie). Die Abweichungen von der geostrophischen
Windgeschwindigkeit sind dabei in Größenordung der
ROSSBY-Zahl.
© Marcus Boljahn