Definition:
Ein Wind, der im Gleichgewicht zwischen Druckgradient- und
Corioliskraft weht, wird als geostrophischer Wind bezeichnet.
Geostrophisches Gleichgewicht oder Geostrophie sind die Bezeichnungen
für dieses horizontale Gleichgewicht. Das der geostrophische
Wind in der Natur eigentlich nie exakt so weht, spricht man auch
von der geostrophischen Approximation. Abweichungen vom geostrophischen
Wind werden ageostrophischer Wind genannt.
Quelle: www.wetter3.de
Ein zunächst nur durch die Druckgradientkraft (rote Pfeile)
beschleunigtes Luftteilchen wird in Bewegung gesetzt und erfährt
nun (auf der Nordhalbkugel) eine zunehmende Rechtsablenkung durch
die Wirkung der geschwindigkeitsabhängigen Corioliskraft
(blaue Pfeile), die durch die Rotation der Erde verursacht wird.
Auf der Südhalbkugel werden alle Bewegungen links abgelenkt.
Anwendung:
Da per Definition Zentrifugalkräfte keine Rolle spielen,
ist der geostrophische Wind ein beschleunigungsfreier geradliniger
Wind. Er weht daher parallel zu den (nicht gekrümmten)
Isohypsen (p-System). Im z-System
weht der geostrophische Wind nur quasiparallel zu den Isobaren,
da hier das Reziproke der Dichte noch als Proportionalitätsfaktor
fungiert. Im Theta-System (mit der potentiellen Temperatur als
Höhenskala) weht der geostrophische Wind exakt parallel zu
den Isolinien gleichen Montgomery-Potentials.
Generell weht der geostrophische Wind umso stärker, je größer
der Druck-, Geopotential- oder Montgomery-Potentialgradient ist.
Wie Scale-Analysen zeigen, weicht die geostrophische Approximation
nur um durchschnittlich 10% von den realen Winden in der
freien Atmosphäre ab. Die Größenordnung
der Abweichung des geostrophischen Windes vom Realwind
kann mit der sogenannten ROSSBY-Zahl
angegeben werden.
Durch seine Einfachheit und gute Genauigkeit, sowohl in Bestimmung
als auch in Berechnung, findet er große Anwendung in
der Diagnose. Für Prognosen ist der reine geostrophische
Wind allerdings unbrauchbar, da Änderungen im Druckfeld von
ageostrophischen Windkomponenten ausgehen.
Eine weitere wichtige Bedeutung findet die Geostrophie beim Quasigeostrophischen
Konzept. Da der 10%-ge Fehler verkraftbar erscheint,
gibt es eine Möglichkeit das vorher nicht geschlossene primitive
Gleichungssystem durch die quasigeostrophische
Approximation zu schließen. Die dadurch gewonne diagnostische
Omegagleichung
und die prognostische Geopotentialtendenzgleichung
sind das fundamentale Grundgerüst aller numerischen Wettermodelle.
Interpretation des geostrophischen Windes:
Der geostrophische Wind ist eine breitenkreisabhängige
Größe, da er von der Corioliskraft abhängt
(indirekt proportional zum Coriolisparameter
f). In hohen Breiten ist die Corioliskraft größer,
so dass hier eine größere Druckgradientkraft zur Aufrechterhaltung
des geostrophischen Gleichgewichts von Nöten ist. Im Umkehrschluß
bedeutet dies auch, dass in hohen Breiten bei gleichem Druckgradient
ein schwächerer geostrophischer Wind weht, als in niedrigeren
Breiten.
Die Breitenkreisabhängigkeit zeigt sich auch bei der Berechnung
der Divergenz des geostrophischen Windes. Es ergibt sich lediglich
ein sphärischer Term, der die Konvergenz der Meridiane in
Richtung Pole beschreibt. Daher wird der geostrophische Wind als
quasidivergenzfrei bezeichnet. Dies ist anschaulich auch
klar, da es sich um einen geradlinigen und beschleunigungsfreien
Wind handelt. Da jedoch Änderungen der synoptisch-skaligen
Druckgebiete nur über Divergenzen des ageostrophischen Masseflusses
stattfinden, wird offensichtlich, dass der geostrophische Wind
eine rein diagnostische Größe ist.
In Richtung Äquator wird die geostrophische Approximation
natürlich zunehmend schlechter und verliert ihre Gültigkeit.
Hier werden andere Approximationen (z.B. EULER-Wind oder zyklostrophischer
Wind) angewandt.
© Marcus Boljahn