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Idee:
Beim Versuch eine allgemeine Berechnungsgrundlage für die Strömungsgeschwindigkeit
in der Höhe aufzustellen, kam C.G. ROSSBY 1939 unter einigen
vereinfachenden Annahmen zu dem Ergebnis, dass lediglich eine periodische
Wellenlösung für die aus Vorticity- und Kontinuitätsgleichung
gewonnene harmonische Differentialgleichung 2.Ordnung in Frage kommt.
Damit war die Existenz und vor allem die Verlagerung atmosphärischer
Wellen rechnerisch nachgewiesen, die bis dato durch das eher
bescheidene Messnetz nur vermutet worden waren. Er konnte ferner
auch eine Formel für die Phasengeschwindigkeit dieser als ROSSBY-Wellen
bezeichneten atmosphärischen Wellen angeben.
Definition:
ROSSBY-Wellen sind horizontal-transversale atmosphärische
Wellen, welche in einem reibungsfreien und inkompressiblen Medium
bei rein horizontalen scherungsfreien Strömungen den stabilen
Grundzustand bilden.
Anschauung:
ROSSBY machte, wie in der Definition erkennbar, vier wichtige
Annahmen. Zuerst ging er von einer rein horizontalen Bewegung
aus, um Schwerewellen herauszufiltern, die bekanntlich vertikal-transversale
Wellen sind. Zudem sollte diese Bewegung in y-Richtung keine
Scherung aufweisen, so dass für ein Luftteilchen sich die
Bewegung auf eine eindimensionale Bewegung entlang einer Trajektorie
vereinfacht. Drittens traf er die Approxmation einer komplett reibungsfreien
Atmosphäre, was in der freien Atmosphäre tatsächlich
sehr gut realisiert ist. Zu guter letzt soll es sich um ein inkompressibles
Medium handeln, um auch Schallwellen herauszufiltern. Daher
stellt die Dichte eine Konstante dar, was im Umkehrschluss über
die Kontinuitätsgleichung bedeutet, dass die Strömung
divergenzfrei verläuft. Analog ist durch die konstante Dichte
auch die Barotropiebedingung erfüllt.
Diese letzte Annahme berechtigt nun auch zur Verwendung der divergenzfreien
barotropen Vorticitygleichung, nach der die absolute
Vorticity eine Erhaltungsgröße darstellt. Anschaulich
bedeutet dies, dass bei polwärtigen meridionalen Strömungen
zyklonale Vorticity auf Kosten steigender Erdvorticity abgebaut
wird und umgekehrt bei meridionalen Strömungen in Richtung
Äquator die antizyklonale Vorticity (bei abnehmender Erdvorticity)
ansteigt. Demnach stellt die breitenkreisabhängige Erdvorticity
den rücktreibenden Antrieb für die ROSSBY-Wellen
dar, denn eine polwärtige Strömung erhält durch die
größer werdender zyklonaler Vorticity natürlich
auch eine zyklonale Krümmung, welche in Bewegung zurück
in Richtung Äquator auslöst. Umgekehrt wird eine zum Äquator
gerichtete Strömung durch die größer werdende antizyklonale
Vorticity auch zunehmend antizyklonaler gekrümmt und kehrt
quasi um. Der beschriebene Vorgang wird oftmals auch als Beta-Effekt
bezeichnet.
Phasengeschwindigkeit:
Die Phasengeschwindigkeit (C) ist nun abhängig vom mittleren
zonalen Grundstrom (U) sowie der meridionalen Variation der
Erdvorticity (ß) und dem Quadrat der Wellenlänge
(L²). Sie beschreibt die Geschwindigkeit der stromabwärtigen
(progressiven) Ostwärtsverlagerung einer ROSSBY-Welle.
Stromaufwärtige (retrograde) Verlagerungen sind durch negative
Phasengeschwindigkeiten gekennzeichnet. Ist C=0, so erfolgt keine
Verlagerung und man spricht von einer stationären ROSSBY-Welle.
Aus der ROSSBY-Formel sofort ersichtlich wird die Tatsache, dass
sich ROSSBY-Wellen immer langsamer als die mittlere zonale Grundstromgeschwindigkeit
verlagern können, da sowohl U als auch ßL² positive
Terme ergeben. Dabei ist die Phasengeschwindigkeit umso höher,
je kleiner die Wellenlänge ist. Die Abhängigkeit der
Phasengeschwindigkeit von der Wellenlänge bezeichnet man als
Dispersion. Die diese Abhängigkeit quadratischer Natur
ist, erhöht sich die Phasengeschwindigkeit für besonders
kurze Wellen dann auch recht schnell. Bei besonders langen Wellen
kann der zweite Term in Einzelfällen auch negativ werden, so
dass sich hier eine retrograde Westverlagerung der ROSSBY-Welle
ergibt. Sind beide Terme auf der rechten Seite identisch, so folgt
eine stationäre Welle.
Natürlich ist die Phasengeschwindigkeit (über ß)
auch von der geographischen Breite abhängig. Dies lässt
sich besonders anschaulich im Fall der stationären ROSSBY-Wellen
(C=0) zeigen. In den hohen Breiten (60-70°N) bei kleinem ß
(die Erdvorticity ist hier zwar groß, aber die meridionale
Zunahme ß ist dagegen recht klein) werden nur sehr lange Wellen
(Wellenzahlen 2, 3) stationär. Dagegen können in den niedrigeren
Breiten (30-40°N) bei großem ß auch kürzere
Wellen (Wellenzahlen 5, 6, 7) schon stationär werden. Die Wellenzahl
selbst gibt die Anzahl der hemisphärischen Tröge bzw.
Keile an und ist dementsprechend umgekehrt proportional zur Wellenlänge.
Entstehungsprozess:
Diese Skizze beschreibt in vier Schritten sehr anschaulich die Entstehung
planetaren ROSSBY-Wellen bis hin zum Cut-Off-Prozess und der Bildung
von Höhenwirbeln. Eine in den Jetstream
eingelagerte Störung bildet den Anfangspunkt einer Wellenbildung.
Infolge barokliner Instabilität (Diese hat ROSSBY ironischerweise
bei seinen Annahmen zwar ausgeschlossen, aber dennoch ist sie tatsächlich
ursächlich für die Ausweitung der Keile und Tröge.
ROSSBY beschrieb mit seiner Ausarbeitung auch nicht den Entstehungsmechanismus,
sondern erklärte lediglich Verlagerung von planetaren Wellen.
Streng nach ROSSBY bleiben also einmal bestehende Wellen in immer
fortwährender Stärke bestehen und verlagern sich lediglich.)
können sich nun die Keile und Tröge weiter amplifizieren,
was auch in der Diskussion der Geopotentialtendenzgleichung
herausgestellt wurde. Im dritten Schritt erreichen die ROSSBY-Wellen
den Höhepunkt ihrer Entwicklung. Übertrifft die Amplitude
die Wellenlänge, so werden die planetaren Wellen in der Regel
sehr instabil und eine abschnürender Cut-Off-Prozess wird eingeleitet.
Anwendung:
Trotz der recht scharfen Annahmen, erweist sich die Approximation
von ROSSBY insbesondere für die Wellenzahlen 4-9 als sehr realitätsnah.
Die stationären Wellen 1-3 werden eher durch die relative Lage
der Kontinente, insbesondere der Gebirge sowie durch die Land-Meer-Verteilung
bestimmt, so dass hier die ROSSBY-Formel keine guten Werte liefert.
Auch kürzerwellige barokline Phänomene werden durch die
rein barotrope Betrachtungsweise von ROSSBY nicht mehr gut erfasst.
Dennoch liefert diese Vorgehensweise erstaunlich gute Ergebnisse,
was ROSSBY aber auch einer kompensierenden Wirkung zweier weiterer
wichtiger Aspekte verdankt.
Zum einen werden in Richtung der Pole durch die Kugelgestalt der
Erde die Stromlinien richtungskonvergent. Dadurch entsteht ein kanalisierender,
also beschleunigender Effekt, den HAURWITZ untersucht hat. HAURWITZ-Wellen
sind somit stets schneller als ROSSBY-Wellen.
Auf der anderen Seite hatte ROSSBY divergenzfreie Strömungen
betrachtet, was natürlich auch nur in grober Näherung
stimmt. Einerseits erfolgt wie bereits oben beschrieben ein richtungskonvergenter
sphärischer Effekt, aber andererseits tritt vor allem bei kurzen
Wellen eine Richtungsdivergenz durch die Änderung der Krümmung
entlang einer Welle auf, so dass dadurch ein Abbremsen der ROSSBY-Welle
verursacht wird.
Das gleichzeitig wirksame Beschleunigen durch den Kanalisierungseffekt
und Abbremsen durch den Divergenzeffekt wurde zwar durch ROSSBY
nicht berücksichtigt, durch die kompensatorische Wirkung entsprachen
seine Ergebnisse aber dennoch sehr gut den realen Beobachtungen.
Stabilität barokliner planetarer Wellen:
Die ROSSBY-Welle, selbst mit all den getroffenen Annahmen, stellt
einen stabilen Grundzustand in der barotropen Atmosphäre dar.
Wie beim Entstehungsmechanismus bereits erwähnt, ist jedoch
Baroklinität ein notwendiges Kriterium um planetare Wellen
zu bilden. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll die Stabilität
barokliner planetarer Wellen zu untersuchen. Dies kann man am einfachsten
anhand eines Amplitudenvergleichs zwischen Temperatur- und Strömungswelle
realisieren.
Der triviale Fall eines reinen wellenförmigen Isohypsenfeldes
beschreibt den stabilen barotropen Fall der ROSSBY-Wellen.
Nun lassen sich aber darüberhinaus auch drei verschiedene barokline
Fälle diskutieren, wo der Einfachheit halber ein konstanter
meridionaler Temperaturgradient angenommen wird.
Im ersten Fall sind Isothermen-
und Isohypsenwelle in Phase, was
einer stabilen planetaren Welle entspricht, dessen Verlagerung vom
Vergleich der Amplituden abhängt. Bei einer größeren
Temperaturwellenamplitude verlagert sich die stabile Welle langsam
progressiv stromabwärts. Umgekehrt kommt es zu einer retrograden
stromaufwärtigen Wellenverlagerung, wenn die Isohypsenamplitude
größer ist. Im äquivalent barotropen Fall identischer
sich in Phase befindlicher Amplituden bildet sich eine stationäre
Welle aus.
Auch der zweite Fall einer inversen Phase beschreibt stabile
planetare Wellen. Allerdings kommt es in diesem wenig realistischen
Fall zu einer sehr raschen progressiven Verlagerung.
Erst im dritten Fall einer um ca. 90° nach hinten phasenverschobenen
Temperaturwelle beschreiben planetare Wellen einen instabilen Zustand.
Solche baroklinen Wellen verlagern sich meist rasch progressiv und
sind mit Zyklogenese verbunden.
Auf der Skizze ist sehr schön die gegenüber der Isohypsenwelle
stromaufwärts phasenverschobene Temperaturwelle zu erkennen.
Auf der Trogvorderseite kommt es nun zur Advektion
thermischer Vorticity und
damit zu Vertikalbewegung.
Besondere atmosphärische Welleneigenschaften und Energetik:
Die Atmosphäre realisiert nur in den seltensten Fällen
ganzzahlige Wellenregime. Stattdessen ist die nordhemisphärische
Zirkulation ein Ergebnis aus zahlreichen Überlagerungen
verschiedenster planetarer Wellen. Solch eine räumliche
Anordnung und Überlagerung verschiedenster Wellen wird auch
als Wellenpaket bezeichnet. Wellenpakete umschreiben somit
quasi die räumliche Konzentration der Wellenenergie. Die Verlagerung
von Wellenpaketen geschieht dabei mit der sogenannten Gruppengeschwindigkeit,
die bei planetaren Wellen allgemein größer ist, als die
Geschwindigkeit des mittleren zonalen Grundstroms und damit auch
über der Phasengeschwindigkeit liegt. Diese erstaunliche Eigenschaft
bezeichnet man als anomal dispersiv, wobei die grundsätzliche
dispersive Eigenschaft der planetaren Wellen bereits an der ROSSBY-Formel
gezeigt wurde.
In der Praxis ist diese anomale Dispersion bei den energiereichen
kurzen Wellen zu beobachten. So durchläuft ein Kurzwellentrog
unter Verstärkung (und mit ihm auch das betrachtete Wellenpaket)
den übergeordneten Langwellentrog weitaus rascher, als dieser
sich mit seiner Phasengeschwindigkeit verlagern kann. Ist der Kurzwellentrog
in einen Langwellenkeil eingelagert, so durchläuft er diesen
zwar auch recht schnell, allerdings unter Abschwächung. Die
jeweils umgekehrten energetischen Prozesse sind bei Kurzwellenkeilen
zu beobachten, die unter Verstärkung einen Langwellenkeil und
unter Abschwächung einen Langwellentrog durchlaufen.
© Marcus Boljahn
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