Definition:
Fronten, bei denen die Warmluft
relativ zur Kaltluft aufgleitet werden
als Anafronten oder auch als Aufgleitfronten bezeichnet.
Umgekehrt spricht man bei in Relation zur Kaltluft
abgleitender Warmluft von Kata-
oder Abgleitfronten. Die Auf- bzw. Abwärtsbewegungen
innerhalb der Frontschicht verlaufen
dabei annähernd parallel zu den geneigten Isentropen.
Allgemeine Anschauung:
Fronten stellen nur in guter Näherung
für die synoptische Skala (1000 - 10000 km)eine undurchdringliche
Grenzfläche dar. Das Einzeichnen linienhafter Grenzen in
den Wetterkarten ist daher vor allem in den unteren Troposphärenschichten,
wo horizontale Temperaturgradienten gut ausgebildet sind, absolut
sinnvoll. Untersucht man jedoch den Charakter der mesoskaligen
Frontschicht (10 - 100 km) genauer, so
ist die Frontschicht keineswegs eine
undurchdringliche materielle Schicht. Es ist sogar der Normalfall,
dass sich die Luft mit einer anderen Geschwindigkeit vorwärts
bewegt, als die Front selbst. Nach der
ROSSBY´schen Wellentheorie können sich atmosphärische
Wellen, und dementsprechend auch die mit der Wellenverlagerung
verbundenen Frontensysteme, maximal mit der Geschwindigkeit des
Jetstreams stromabwärts bewegen.
Exakterweise erfolgt die Frontverlagerung über die frontsenkrechte
Komponente des isallobarischen
Winds. Berücksichtigt man zudem noch Reibungseffekte
in der PGS, so wird offensichtlich, dass
im Normalfall die Frontverlagerung weitaus geringere Geschwindigkeiten
aufweist als der zonale Grundstrom des Jetstreams.
Ein Luftteilchen kann somit eine Frontschicht stromabwärts
durchlaufen, es existiert also die in der Definition von Ana/Katafronten
bereits erwähnte Relativgeschwindigkeit. Dabei wird
die relative Luftströmung aus Sicht der Warmluft
als Warm Conveyor Belt bezeichnet. Da warme Luft spezifisch
leichter ist, kennzeichnet der Warm Conveyor Belt aufsteigende
Vertikalbewegung. Umgekehrt spricht man von einem Cold
Conveyor Belt bei einer Relativströmung aus der Kaltluft,
die mit Absinken verbunden ist. Dies ist im Prinzip nichts
anderes als die thermisch direkte Solenoidalzirkulation
in der Frontschicht, die durch Baroklinität ausgelöst
wurde.
Anschauung
Katakaltfront
Die oben beschriebenen allgemeinen Prozesse sind auf dieser Skizze
für eine Katakaltfront sehr gut veranschaulicht.
Quelle: Synoptische Meteorologie, Manfred Kurz
Die im Vergleich zur Frontverlagerung schnellere Höhenströmung
sorgt dafür, dass sich die Luftteilchen relativ zur Front
schneller bewegen können. Somit existiert ein Cold Conveyor
Belt (weißer Pfeil) von der Kaltluft durch die Frontschicht
hin zur warmen Seite. Der Warm Conveyor Belt (gepunkteter Pfeil)
hat zunächst eine frontparallele Ausrichtung, entfernt sich
aber durch eine mit der Höhe stetig steigende frontsenkrechte
Komponente immer mehr von der eigentlichen Frontschicht. In diesem
Beispiel kann die Luft also die nach unten geneigten Isentropen
in Relation zu Frontverlagerung durchlaufen, sie gleitet demnach
ab. Folglich handelt es sich hierbei um eine Katakaltfront.
Oftmals spricht man auch von einer Kaltfront zweiter Art.
Quelle: Synoptische Meteorologie, Manfred Kurz
Der typische Wetterverlauf einer solchen Katakaltfront ist
in obiger Abbildung als Schnitt zwischen A und B dargestellt.
Die mit dem Warm Conveyor Belt verbundene Hebung erfolgt in der
Warmluft nur in den unteren Schichten,
ehe durch die zunehmende frontsenkrechte Komponente der Warm Conveyor
Belt in höheren Schichten auf den trockenen und schnelleren
Cold Conveyor Belt trifft. Insbesondere in den Sommermonaten kann
durch den trockenen oberen Relativstrom präfrontal
bis in ca. 300 km Entfernung die vertikale Schichtung labilisiert
werden. Wird die bodennah ohnehin schon recht warme Luft vor der
eigentlichen Katakaltfront noch durch Einstrahlung erwärmt,
so können mächtige Gewitter entstehen, die oftmals linienhaft
(squall lines) vor der Bodenfront angeordnet sind. Typisch für
solche Katakaltfronten ist ihre flache Neigung und schnelle Verlagerung.
Anschauung Katawarmfront
Ergibt
sich eine Relativströmung gegen eine Warmfront, so
kann auch diese einen Katafrontcharakter annehmen, da die Luft
sich in den positiv geneigten Isentropen der Warmfront in Relation
zur Frontverlagerung abwärts bewegt. Die frontsenkrechte
Komponente des isallobarischen Windes muss in diesem Fall
mit der Höhe abnehmen, so dass auch der Warm Conveyor
Belt bei einer Katawarmfront nach der zunächst frontparallelen
Anströmung sich mit der Höhe zunehmend von der Front
entfernt. Ebenso existiert in der Höhe über der flach
geneigten Katawarmfront ein schwacher trockener Grundstrom durch
die entgegengesetzt zur Frontverlagerung verlaufenden Relativströmung.
Damit wird die vertikale Schichtung postfrontal potentiell instabiler,
so dass bei ausreichender Hebung auch konvektive Niederschläge
ausgelöst werden können. Normalweise ist jedoch das
Absinken infolge des Katafrontcharakters so dominierend, dass
Katawarmfronten nur selten wetterwirksam sind. Die absinkende
Kaltluft wirkt durch ihre isentrope Erwärmung eher frontolytisch.
Katawarmfronten treten daher nur sehr selten und wenn dann nicht
sehr lange auf.
Anmerkung:
Der Begriff Kata- oder Abgleitwarmfront ist in diesem Zusammenhang
für die Anschauung jedoch etwas ungeeignet. Nur in den seltensten
Fällen kommt es wirklich zu einer Absinkbewegung. Tatsächlich
ist das Abgleiten nur eine Relativbewegung. Immer wenn Katawarmfronten
sich etwas schneller verlagern als sie durchströmt werden,
so existiert anschaulich eine absinkende Relativgeschwindigkeit.
Dass der Hauptniederschlag in einer schnell ziehenden Katafront
allgemein in der Warmluft (präfrontal
bei Katakaltfront, postfrontal bei Katawarmfront) fällt,
zeigt dieses einfache konzeptionelle Modell auch recht eindrucksvoll.
Ursache ist der stromabwärts gebogene Aufwindbereich in Verbindung
mit der Labilisierung durch den oberen trockenen Grundstrom.
In der Kaltluft treten konvektive
Niederschläge meist erst weit entfernt von der Front im Bereich
der höhenkalten Luft auf.
Anschauung Anakaltfronten
Existiert
ebenso wie bei Katawarmfronten an einer Kaltfront eine nach oben
hin abnehmende frontsenkrechte isallobarische
Windkomponente, so unterliegt der präfrontale frontparallele
Warm Conveyor Belt mit zunehmender Höhe einer rückwärts
gegen die Front verlaufenden Komponente. Da die Relativströmung
nun die abwärts geneigten Isentropen
hinaufströmt, spricht man von einer Anakaltfront oder auch
einer Kaltfront erster Art. Vom Aufbau her ähnelt
die Anakaltfront natürlich einer Anawarmfront, allerdings
ist das wetteraktive Wolkensystem jedoch weitaus schmaler, da
der Warm Conveyor Belt nur in einem flachen Winkel die Kaltfrontschicht
durchkreuzt, wie auch auf der Abbildung ersichtlich wird. Der
Niederschlag fällt bei einer Anakaltfront hauptsächlich
postfrontal.
Quelle: Synoptische Meteorologie, Manfred Kurz
Insgesamt weisen Anakaltfronten eine steilere Neigung auf,
als es die mittlere Gleichgewichtsbedingung nach MARGULES beschreibt,
so dass ein markanter Windsprung bei Frontdurchgang zu
erwarten ist. Vor allem durch die Bodenreibung in der PGS
ist der unterste Teil der Anakaltfront oft extrem steil, teilweise
eilt die Anakaltfront in der Höhe sogar ein wenig voraus.
Dadurch wird die vertikale Schichtung zusätzlich labilisiert
und die Hebung der Warmluft erreicht in diesen Gebieten teilweise
enorme Werte. Konvektive Umlagerungen in Form von Gewittern bei
Frontdurchgang sind die Folge, ehe postfrontal der Übergang
zu stratiformen Niederschlägen erfolgt.
Quelle: Synoptische Meteorologie, Manfred Kurz
Anakaltfronten bilden sich zumeist an hyperbarokline Zonen und
sind oftmals das Anfangsstadium einer zyklonalen Entwicklung.
Häufig können sich frontale Wellen an Anakaltfronten
ausbilden, die sich bei entsprechendem zyklogenetischen
Antrieb zu einer Zyklone weiterentwickeln können. In Zusammenhang
mit dieser spiralförmigen Entwicklung werden Anakaltfronten
dann zumeist zu Katakaltfronten, da sich nun ein Isallobarenfeld
aufbauen kann. Dementsprechend gewinnt die frontsenkrechte Komponente
des isalloborischen Windes mit der Höhe an Bedeutung und
der Katakaltfrontcharakter wird gefördert.
Daher lässt sich verallgemeinert auch sagen, dass Anakaltfronten
sich nur sehr langsam fortbewegen, während Katakaltfronten
eine hohe Verlagerungsgeschwindigkeit aufweisen können. Bei
sehr schnellen Katafronten spricht man von sogenannten Schnellläufern.
Anschauung
Anawarmfronten
Ist
in der Literatur von einer Warmfront die Rede, so ist zumeist
immer eine Anawarmfromt gemeint. Wie oben bereits erwähnt
treten Katakaltfronten nur sehr selten auf und sind zudem sehr
kurzlebig. Im Normalfall existiert eine Relativströmung
in Richtung der Frontverlagerung, d.h. die Luft strömt
insgesamt schneller als sich die Warmfront vorwärts bewegt.
Anschaulich kann die Luft nun auf den positiv geneigten Isentropen
in der Warmfrontschicht aufgleiten.
Die allgemein geringeren Druckfalltendenzen bei Warmfronten erzeugen
einen geringeren isallobarischen
Wind. Die Warmfrontverlagerung geschieht demnach langsamer
als die Verlagerung von Kaltfronten, was die eingangs erwähnten
Relativgeschwindigkeiten in Frontverlagerungsrichtung erklärt.
Da die frontsenkrechte Komponente des isallobarischen
Windes bei Anawarmfronten mit der Höhe zunimmt, ergibt
sich eine allgemein weitaus flachere Neigung für Warmfronten
im Vergleich zu Kaltfronten, die durch diesen Effekt eher aufgesteilt
werden.
Bezieht
man die gewonnen Kenntnisse zur Anawarmfront nun auf den Warm
Conveyor Belt, so muss dieser angeregt durch die mit der Höhe
größer werdende frontsenkrechte isallobarische
Windkomponente natürlich die Anawarmfront mit der Relativströmung
von der warmen zur kalten Seiten kreuzen und dabei zunehmend in
höhere troposphärische Schichten gelangen. Bei ausreichender
Feuchte kann sich nun ein mächtiger nach vorn aufwärts
orientiertes stratiformes Wolkensystem ausbilden, welches fast
bis zur Tropopause reichen kann.
Das Ende dieses Wolkenschirmes korreliert sehr gut mit dem Jetstream.
Mit Annäherung an den Jetstream
bekommt die frontparallele geostrophische
Windkomponente einen stärker werdenden Einfluss, so dass
der Warm Conveyor Belt antizyklonal abgelenkt wird und die Hebung
aufhört. Bei besonders intensiven Warmfronten gelangt auch
der frontparallele Cold Conveyor Belt unter Hebungseinfluss, so
dass in Zusammenwirken mit der Hebung des Warm Conveyor Belts
mächtige Nimbostratusbewölkung entstehen kann.
Allgemein
gelten Warmfronten als stabil geschichtet, allerdings kann die
Schichtung insbesondere im Sommer auch kurzzeitig potentiell instabil
werden. Dies ist besonders dann Fall, wenn die Feuchte mit der
Höhe abnimmt. In solchen Fällen können den aufgleitenden
Bewegung (Größenordnung cm/s) auch konvektive Vertikalbewegungen
(Größenordnung m/s) überlagert sein, so dass Gewitter
oder Schauer an sommerlichen Anawarmfronten keine Seltenheit darstellen.
Im
Winter werden an den stabilen Warmfronten dagegen ausschließlich
stratiforme Niederschläge registriert. Bei Vorhandensein
einer Schneedecke und einer darüber liegenden massiven Kaltluftschicht
ist es hier sogar möglich, dass die Warmfront am Boden noch
langsamer voranschreiten kann, da die spezifisch schwerere Kaltluft
turbulenten Austausch effektiv behindert. Dadurch wird die Neigung
oftmals noch flacher und im Extremfall bleibt nur eine Höhenwarmfront
übrig.
Der Hauptniederschlag einer langsam ziehenden Anafront fällt
in der Kaltluft (postfrontal Anakaltfront,
präfrontal Anawarmfront). Dieses einfache konzeptionelle
Modell zeigt auch sehr gut die stromaufwärtige aufsteigende
Relativströmung. Zusätzlich ist es vor allem im
Sommer durchaus üblich, dass im Bereich der höhenkalten
Luft auch konvektive Niederschläge auftreten.
Dieser Abbildung zeigt links zwei typische Anawarmfronten
mit dem aufgleitenden Warm Conveyor Belt, der in der Warmluft
antizyklonal abbiegt.
Rechts eine Anakaltfront mit der rückwärtigen Relativströmung.
Anwendung:
Für die konkrete Anwendung bzw. Klassifizierung von Ana-
bzw. Katafronten anhand synoptischer Felder, gibt es nun folgende
allgemeine Grundregeln.
Eine flach geneigte Front hat überwiegend
Katacharakter. Steile Fronten sind dagegen
Anafronten. Die Begriffe steil und flach beziehen sich hier auf
die allgemeinen Grenzbedingungen nach MARGULES. Dabei sind Warmfronten
grundsätzlich flacher als Kaltfronten.
Nimmt die frontsenkrechte isallobarische
Windkomponente mit der Höhe zu, so handelt es sich um
eine Anawarmfront oder Katakaltfront.
Bei Anakaltfronten und Katawarmfronten nimmt die frontsenkrechte
isallobarische Windkomponente
dagegen mit der Höhe ab.
Diese Grundregel lässt sich nun auch indirekt dazu benutzen,
Schlüsse bezüglich der resultierenden Vertikalbewegung
an der Front zu treffen. Kennt man die
frontsenkrechten Windkomponenten an beiden Seiten der Front,
weiß man um den Charakter der Vertikalbewegung. Diese Vertikalbewegung
ist nun anschaulich proportional zur Relativgeschwindigkeit und
zum Anstiegswinkel.
© Marcus Boljahn