Glossar

 

Front / Frontalzone
 

Definition:

Die hyperbarokline Grenze zwischen zwei quasibarotropen Luftmassen wird als Front bezeichnet. Diese Grenze weist zudem teils starke Diskontinuitäten in meteorologischen Feldern auf. Im Windfeld tritt eine solche Diskontinuität in erster Ordnung auf, d.h. es direkt an der Front ist ein Windsprung zu beobachten. In zweiter Ordnung, also im Gradientfeld, treten Diskontinuitäten bei den Feldern der intensiven Größen Temperatur, Dichte und Druck auf.


Weitere wichtige Eigenschaften:

Neben den für die Frontanalyse wichtigen Diskontinuitäten weisen Frontalzonen noch weitere wichtige meteorologische Eigenschaften auf. So ist stets eine gewisse Neigung zu erkennen und zwar von der warmen Seite am Boden hin zur kalten Seite in der Höhe. In guter Näherung kann man Frontalzonen als materielle Grenzflächen approximieren. Da Frontalzonen ebenso Gebiete maximaler Baroklinität darstellen, wird stets eine solenoidale Zirkulation angetrieben. Insgesamt sind Frontalzonen vertikal sehr stabil geschichtet. Dies ist in Vertikalschnitten allgemein sehr gut erkennbar. Teilweise herrscht innerhalb der Frontalzone sogar vertikale Isothermie. Innerhalb der Frontalzone existiert jedoch auch der größte Isotachengradient. Dementsprechend treten extreme horizontale und vertikale Windscherungen auf. Da die Jetachse, wie auf der Skizze einer Polarfront sehr gut zu sehen, stets auf der warmen Seite (in etwa über dem Schnittpunkt der Frontalzone mit der 500 hPa-Fläche in ca. 5,5 km Höhe) liegt, bildet die Frontalzone selbst ein Gebiet maximaler (horizontaler) zyklonaler Windscherung.

Allgemein werden daher in Frontalzonen selbst die höchsten Werte der absoluten Vorticity gemessen, so dass hier eine extreme dynamische Stabiltät vorliegt. Anders verhält es sich auf der antizyklonale (warmen) Seite, wo die antizyklonale Scherungsvorticity bei besonders intensiven Jets den Wert der Erdvorticity teilweise übertrifft. Bei Gleichheit von antizyklonaler Scherungsvorticity und Erdvorticity verschwindet natürlich die absolute Vorticity, was zu dynamischer Indifferenz führt. Im Extremfall, also bei einer negativen absoluten Vorticity wird die Atmosphäre sogar dynamische instabilil, was allerdings durch den geostrophischen Anpassungsprozess relativ schnell wieder in zumindest eine indifferente Situation überführt wird.
Die oben bereits erwähnte Position der Jetachse auf der warmen Seite wird unter den Gesichtspunkten der dynamischen Stabilitätsbetrachtungen nun verständlich. Würde die Jetachse auf der kalten Seite liegen, so gäbe es in der Frontalzone maximale antizyklonale Windscherung, was zu einer massiven dynamischen Labilität führen würde.


Skalenbetrachtung:

In der Atmosphäre treten alle erwähnten Diskontinuitäten (Windfeld, Temperatur, Druck, Dichte) zumeist mehr oder weniger stark gemeinsam auf. Allerdings vollzieht sich dieser Sprung nicht komplett linienhaft. Tatsächlich existiert eine mehr oder weniger breite Schicht oder Zone, so dass exakterweise von einer Frontalzone oder Frontschicht geredet wird, welche ein Phänomen der Mesoskala (10-100 km) darstellt. Daher wird nun auch klar, dass sich der Begriff Front in der synoptischen Skala (1000-10000km) weiterhin halten kann und auch sinnvoll ist. In der 1-10km Skala (oftmals als Sturm-Skala bezeichnet) erscheinen die Diskontinuitäten dann sogar nur noch verwaschen bzw. sind von noch höherer Ordnung, um dann in der Mikroskala (<1000m) nahezu vollständig zu verschwinden. Durch die Bodenreibung wird die Frontalzone in der PGS nun noch zusätzlich deformiert (anfangs zumeist gestaucht), so dass sich n der Praxis in Zusammenhang mit bodennahen Phänomenen der Begriff Front und in der freien Atmosphäre die Bezeichnung Frontalzone durchgesetzt haben.


Frontneigung:

Frontalzonen erscheinen zumeist als geneigte hyperbarokline Flächen. MARGULES hat gezeigt, dass eine Frontneigung grundsätzlich einem stabilem Grundzustand entspricht und direkt proportional zur Windscherung an der Front (Differenz der frontparallelen Windkomponenten) und indirekt proportional dem Temperaturgradienten zwischen den beiden angrenzenden Luftmassen ist. Anschaulich heißt dies, je größer die Windscherung und je kleiner der Temperaturunterschied, desto steiler erscheint die Frontalzone. Umgekehrt sind Fronten besonders flach bei geringer Windscherung und großem Temperaturgradient.
Zudem ist die Frontneigung noch abhängig vom Coriolisparameter. Eine Front ist dabei umso steiler geneigt, je näher sie den Polen ist.
Insgesamt lässt sich also festhalten, dass eine geneigte Frontalzone ein Phänomen der rotierenden Erde darstellt. In einem nichtrotierendem Inertialsystem würden sich warme direkt über kältere Luftmassen schieben bis ein thermodynamischer Gleichgewichtszustand erreicht ist. Scheinkräfte der rotierenden Erde modifzieren dieses Gleichgewicht nun wie von MARGULES beschrieben. Dabei wirkt nun der geostrophische Wind ,bzw. dessen Scherung an der Front, als modifizierender Faktor. Je nach Stärke der Scherung kann sich nun die Front neigen. Eine großer Temperaturgradient induziert eine thermisch direkte Zirkulation mit aufsteigenden Warmluftmassen und absinkenden Kaltluftmassen, was anschaulich einen Antrieb für die Abflachung der Front darstellt.
Ebenso lässt sich der dynamisch stabile Grundzustand einer Frontneigung auch mittels der frontalzonentypischen Solenoidalzirkulation erklären. Die Baroklinität löst eine thermisch direkte Solenoidalzirkulation aus, welche versuchen wird die Isothermenneigung abzubauen, also die Frontenneigung zu verringern. Dies entspricht dem von MARGULES formulierten Antrieb durch den Temperaturgradienten. Gleichzeitig regenerieren die Prozesse der allgemeinen Zirkulation quasi ständig die Baroklinität, so dass neue Solenoide gebildet werden. Ebenso wird oftmals aber noch eine thermisch indirekte Zirkulation induziert, indem kalte Luft trogvorderseitig vor allem durch differentielle ZVA (infolge der extremen zyklonalen Scherung) gehoben wird und warme Luft trogrückseitig gleichzeitig absinken kann. Dieser frontaufrichtende Prozess wurde durch MARGULES anhand der Scherung der frontparallelen geostrophischen Windkomponente beschrieben.
Neben all diesen Faktoren fand MARGULES ferner, dass über die Erweiterung mit dem Gradientwind, auch ein Einfluss durch gekrümmte Bahnen auf die Neigung der Frontalzone entsteht. So lässt sich bei zyklonalen Bahnkurven eine stärker aufgerichtete Frontalzone beobachten, während in antizyklonaler Krümmung ein Abflachen der Front resultiert. Im Extremfall können Frontalzonen bei starkem antizyklonalem Einfluss in Inversionen übergehen.


Im synoptischen Mittel ergibt sich dann auch eine Frontneigung von 1:100. Auf einen Höhenkilometer kommen also 100km vertikale Ausdehnung, so dass die Vorstellung eines leicht modifizierten (weil geneigten) thermodynamischen Gleichgewichts, also eine leicht geneigte Frontalzone durchaus sinnvoll ist. Natürlich treten in Einzelfällen auch stärkere Neigungen auf, insbesondere bei Kaltfronten wird zumeist eine sehr starke Windscherung registriert, die den Neigungswinkel ja erhöht.
Überdies beeinflusst natürlich auch die Bodenreibung in der PGS die Frontneigung. Allgemein wirkt diese bremsend, so dass eine Kaltfront sich aufsteilt und in der Höhe teilweise sogar eher ankommen kann als am Boden. Die ohnehin flachen Warmfronten werden durch die Wirkung der Bodenreibung noch flacher. Dies erklärt auch den oftmals raschen Okklusionsprozess über Land, da hier die Kaltfront eine stromaufwärts liegenden Warmfront schnell einholen kann.
Die Neigung der Frontalzone wird zudem besonders gut ersichtlich beim Betrachten von Isentropen, wie im gezeigten Beispiel der Arktikfront.
Im Extremfall einer reinen Temperaturdiskontinuität ohne Windsprung bildet sich eine rein horizontale Gleichgewichtslage aus, die als Inversion bezeichnet wird.
Der zweite Extremfall wäre eine reine horizontale Windscherung. Hier bildet sich eine vertikale Gleichgewichtslage der Front aus, was z.B. bei einer Höhenfront oder Konvergenzlinien der Fall ist.



Anschauung und Beispiele:

Am besten ausgeprägt sind Frontalzonen im Bereich der Jetstreams, die ebenfalls hyperbarokline Strukturen für ihre Entstehung benötigen. Frontalzonen sind daher eine unmittelbare Folge eines Jetstreams. Am schönsten ausgeprägt ist die Frontalzone im Bereich des Polarfront-Jetstreams, wo sie von der oberen Troposphäre bis zum Bodenniveau zumeist sehr gut erkennbar ist. Sie wird demzufolge als Polarfront bezeichnet. In Zusammenhang mit dem winterlichen Subtropen-Jetstream entwickelt sich ebenfalls eine Frontalzone, welche allerdings nur in der oberen Troposphäre zu sehen ist und mit einsetzender Bodenreibung bei Eintritt in die PGS infolge horizontaler Divergenz diffus wird. Diese wird als Subtropenfront bezeichnet. Dass Frontalzonen aber auch ohne Vorhandensein eines Jetstreams entstehen können, zeigt das Beispiel der winterlichen Arktikfront, die allein aufgrund unterschiedlicher Ausstrahlungsverhältnisse entsteht.



Diese rein qualitative Skizze verdeutlicht die Frontalzone sehr gut als geneigte hyperbarokline Schicht zwischen zwei quasibarotropen Luftmassen.


Verlagerung:

Anschaulich sofort offensichtlich, treten Verlagerungen von Frontalzonen erst bei Vorhandensein frontsenkrechter Windkomponenten in Erscheinung. Weht der Wind auf beiden Seiten der Front exakt frontenparallel, so kann sich die Front nicht verlagern und man spricht von einer stationären Front.
Mit Hilfe der sogenannten kinematischen Grenzbedingung (Front wird als quasiundurchdringliche Grenzfläche approxmiert) kann nun gezeigt werden, dass für die Verlagerung einzig Druckunterschiede beiderseits der Front über deren Verlagerung entscheiden. Da nun lediglich ageostrophische Windkomponenten Druckveränderungen auslösen können, sind also die frontsenkrechten ageostrophischen Windkomponenten von essentieller Bedeutung für die Beurteilung von Frontenbewegung. Dabei erfolgt die Verlagerung stets in Richtung der stärksten Druckfalltendenz, so dass Isallobarenfelder herangezogen werden sollten. Dementsprechend bewegen sich Fronten in Abhängigkeit der frontsenkrechten Komponente des isallobarischen Windes.
Allerdings hat sich in der Praxis gezeigt, dass approximativ auch die frontsenkrechte geostrophische Windkomponente auf der kalten Seite der Front sehr gut mit der Verlagerung korreliert.
Mit Hilfe des isallobarischen Windes lässt sich nun auch die allgemein schnellere Verlagerung von Kaltfronten erklären, da diese im Mittel einen größeren Gradienten im Isallobarenfeld aufweisen.


Frontarten:

In Abhängigkeit der Verlagerungsrichtung und der thermischen Beschaffenheit der angrenzenden quasibarotropen Luftmassen werden nun drei Hauptfrontarten definiert. Bei unterschiedlich temperierten angrenzenden Luftmassen wird die Front in der obigen Skizze bei einer Ostverlagerung als Kaltfront bezeichnet. Bei westlicher Verlagerung ist es eine Warmfront. Liegt zwischen zwei nahezu gleich temperierten Luftmassen eine hyperbarokline Grenzschicht, so spricht man von einer Okklusion. Dieser Fronttyp entsteht aber "nicht einfach so", sondern erst durch die Vereinigung zweier Fronten, was relativ häufig realisiert wird, da sich Kaltfronten in der Regel weitaus schneller verlagern als Warmfronten.
Ist ein Temperaturunterschied nur in der Höhe auszumachen, so spricht man von einer Höhenfront.


Frontcharakter:

Neben der vorrangig thermisch motivierten Unterscheidung nach Frontarten ist es ferner sinnvoll, Fronten auch nach ihrem Charakter, also der relativen Bewegung innerhalb der Frontschicht, zu untersuchen. So unterscheidet man nach Aufgleit- und Abgleitfronten. Erstere werden als Anafronten und letztere als Katafronten bezeichnet.


Entstehung:

Der Enstehungsmechanismus wird über den Prozess der Frontogenese erklärt. Umgekehrt beschreibt Frontolyse die Aufflösung einer Front.


© Marcus Boljahn

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