Glossar
   

Synoptische Kurzanalyse für Deutschland

ausgegeben am Freitag, den 26.11.2004 um 13:10 Uhr MEZ

Benutzte Modelle: GME (R192F) Fr 00UTC, ECMF Fr 00UTC, GFS Fr 06UTC

Synoptischskalige Wellensituation: Langwellentrog Nordostatlantik, Keil Mitteleuropa

aktuelle Situation:

Die Nordhemisphäre zeigt aktuell ein quasizonales Strömungsmuster mit allgemein recht geringen meridionalen Windkomponenten. Dementsprechend weisen die ROSSBY-Wellen insgesamt geringe Amplituden auf, so dass der Polarfront-Jetstream und der winterliche Subtropenjet oftmals weit voneinander entfernt erscheinen. In Nordostamerika, wo sich beide Jetstreams stromaufwärts von Mitteleuropa betrachtet, erstmals vereinigen, besteht daher momentan der größte zyklogenetische Antrieb. Dementsprechend hat sich auf der Vorderseite dieses Troges im Bereich des linken diffluenten Ausströmbereiches des Jetstreaks eine mächtige Bodenzyklone über Neufundland (Kerndruck 6UTC < 980 hPa) gebildet. Da diese intensive Entwicklung über Nordostamerika den Wetterablauf stromabwärts nachhaltig beeinflusst, spricht man in diesem Fall oft von einem Downstream Development. Insbesondere das Diffluenzgebiet auf der Trogvorderseite spaltet den mächtigen Jetstream über dem Nordwestatlantik wieder einen nördlichen (Polarfrontjet) und südlichen Ast (Subtropenjet) auf. Erst über dem östlichen Mittelmeer in Zusammenhang mit dem Osteuropäischen Langwellentrog führen konfluente Strömungen beide Jetstreams wieder zusammen. Diese beschriebene Strömungssituation ist sehr gut auf der Analyse der 300 hPa isobaren Fläche zu erkennen. Ebenso ergeben sich die stärksten horizontalen Temperaturgradienten beim Zusammenwirken beider Jets.
Stromabwärts des nordwestatlantischen Diffluenzgebietes befindet sich ein schwacher Langwellentrog über dem Nordostatlantik. Auf der Vorderseite eingelagert sind zwei Kurzwellentröge, die zwei schwache Bodenzyklonen (nördlich der Azoren und über der Nordsee) induziert haben. Mitteleuropa selbst liegt daher im direkten Einflussbereich einer eher gradientschwachen antizyklonal gekrümmten Höhenströmung. Die Polarfront macht also aktuell einen (antizyklonalen) "Bogen" um Deutschland. Die mit der bodennahen schwachen Westströmung eingeflossenen Luftmassen erhalten daher rasch ihre jahreszeitentypische Prägung als erwärmte Subpolarluft (xPs) bzw. Luft der mittleren Breiten (xSp) mit pseudopotentiellen Temperaturen zwischen 18°C-24°C.

Beschreibung des Kurzfristzeitraums (Tage 1 bis 3)

Am Freitag (Tag 1) verlagert sich der schwach barokline Kurzwellentrog über der Nordsee weiter stromabwärts. Somit kann das Frontensystem der Nordseezyklone von Westen her auf Deutschland mit seinem schwachen Hebungsfeld, welches hauptsächlich durch zyklonale DVA ausgelöst wird, übergreifen. Dass die aufsteigende Vertikalbewegungen vor allem den Norden und Mitte Deutschlands betrifft, zeigen die konvergenten Q-Vektoren des GFS-Modells sehr gut. Der Süden und Osten verbleiben an Tag 1 noch im antizyklonalen Einflussbereich, wie eindrucksvoll auch im Visible zu sehen ist, während von Westen her schon stratiforme Bewölkung aufzieht.
Am Samstag (Tag 2) sorgt leichte antizyklonale DVA durch den nachfolgenden Kurzwellenkeil für eine vertikale Stabilisierung. Aus der eingeflossenen etwas feuchtere Luftmasse polaren Ursprungs (mP) können somit allgemein nur geringe Niederschlagsmengen fallen.
Entscheidend für den weiteren Wetterverlauf ist die Entwicklung über dem Nordostatlantik. Massive PSA auf der Vorderseite des nordwestatlantischen Langwellentroges südlich von Grönland leitet einen Cut-Off-Prozess über dem Nordatlantik ein. Dadurch entsteht ein quasibarotroper Höhenwirbel im Bereich der Azoren und der südlich von Island wird der einstige Langwellentrog nun zunehmend kurzwelliger. Letzteres wird für Mitteleuropa wetterentscheidend, denn dieser barokline Kurzwellentrog kann sich nun schnell progressiv verlagern und seine Achse soll nach allen benutzten Modellen am Ende von Tag 3 (Sonntag) von Westen her Deutschland erreichen. Das amerikanische GFS-Modell berechnet dabei die intensivste Variante mit teils ordentlicher Zyklogenese auf der Vorderseite und die Entstehung einer eigenständigen Bodenzyklone und einem mächtigen Hebungsfeld, was anhand der konvergenten Q-Vektoren vor allem den Süden Deutschlands treffen soll. ECMF und GME beurteilen die Entwicklung weitaus bescheidener mit lediglich zyklonal gekrümmten Isobaren.

Beschreibung des Mittelfristzeitraums (Tage 4 bis 7)

Entsprechend der bereits stark abweichenden Prognosen für den Kurzfristzeitraum, könnte man eine weiter abweichende Tendenz für den Mittelfristzeitraum erwarten. Die eingangs beschriebene synoptischskalige Downstream Development zeigt sich aber auch im Mittelfristzeitraum. Einstimmig sehen nun alle Modelle, dass sich der mächtige Nordwestatlantische Langwellentrog sukzessive stromabwärts verlagert und sich aus diesem ab Tag 5 (Dienstag) ein westeuropäischer Langwellentrog ausbildet.

© Marcus Boljahn

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