Einleitung:
Ebenso wie bei Isobaren- und Isohypsenfeldern
lassen sich auch klimatologische Karten für die Isotachenfelder
darstellen, um wichtige Aussagen über die mittlere Verteilung
des Windes auf der Nordhemisphäre zu gewinnen. Sinnvollerweise
werden dabei die rein geostrophischen
Zonal- und die rein ageostrophischen Meridionalkomponenten
jeweils extra dargestellt. Ergeben sich beim Mitteln Nord- und/oder
Südkomponenten, so ist nach Kenntnis der geostrophischen
Approximation sofort ersichtlich, dass diese mittleren Meriodionalkomponenten
ageostrophischer Natur sein müssen.
Monatsmittelvergleich Zonalwind Winter <-> Sommer:
Wie bereits bei der Erläuterung der Neigungskonvektion
anschaulich erklärt, weisen die Temperaturflächen bei
einem Meriodionalschnitt zum Pol hin eine negative Neigung auf.
Dadurch existiert stets ein horizontaler Temperaturgradient.
Über die thermische Windbeziehung wird nun sofort ersichtlich,
dass je stärker dieser horizontale Temperaturgradient ausgebildet
ist, sich ein entsprechend starker thermischer
Wind ausbilden kann. Dementsprechend bildet sich in den Gebieten
des stärksten horizontalen Temperaturgradienten (hyperbarokline
Zonen) also auch der stärkste geostrophische
Höhenwind aus.
Nun zeigt der Meridionalschnitt für die Nordhemisphäre
in den Wintermonaten im Mittel einen weitaus stärkeren horizontalen
Temperaturgradienten als in den Sommermonaten. Folglich ist der
durchschnittliche zonale (geostrophische)
Höhenwind im Winter auch allgemein stärker ausgeprägt
als im Sommer. Doch nicht nur das, es entwickelt sich im Winter
zumeist zwei ausgeprägte Hauptstrahlströme. Vor
allem der räumliche recht konstante Suptropen-Jetstream
ist im klimatologischen Mittel sehr gut zu erkennen, während
die Zonalkomponente des oftmals stark mäandrierenden polaren
Jetstreams bei der Mittelung recht schwach erscheint. Zudem
sind die Zentren dieser Jetstreams
im Winter auch etwas weiter in Richtung Äquator verschoben.
Von besonderem Interesse ist natürlich auch die durchschnittliche
meridionale (ageostrophische) Windkomponente. Hierbei wird
sofort offensichtlich, dass diese ageostrophische Komponente im
Gegensatz zur geostrophischen im
Bodenniveau weitaus stärker ausgeprägt erscheint, was
sich durch die Reibung in der PGS auch
sofort erklärt. Aber auch in der reibungslosen freien Atmosphäre
bleiben durchschnittliche ageostrophische Windkomponenten erhalten.
Isobarenkreuzende ageostrophische Windkomponenten beschreibt zum
einen die Isotachengleichung, jedoch
ist dieser Effekt im atmosphärischen Mittel als gering zu
beurteilen. Entscheidender ist hier ebenfalls der horizontale
Temperaturgradient (auf einer p-Fläche), der auch einen ageostrophischen
Antrieb liefert. Die Richtung dieser ageostrophischen Komponente
wird zudem durch die Vertikalbewegung bestimmt. So ist die ageostrophische
Windkomponente bei Aufsteigen von der warmen zur kalten Seite
gerichtet, und umgekehrt bei Absinken zur warmen Seite. Genau
diese beiden meridionalen Komponenten sind nun im nordhemisphärischen
Winter bei stärkstem horizontalen Temperaturgradient nun
auch sehr schön ausgeprägt. Durch das Aufsteigen über
den tropischen Regionen ergibt sich in der Höhe durchschnittlich
eine nach Norden (also zur kalten Seite) gerichtete Meridionalkomponente.
Über dem allgemeinen Absinkbereich in Höhe der Subtropen
ist dagegen eine nach Süden (zur warmen Seite) gerichtete
ageostrophische Windkomponente das klimatologische Mittel. Im
Bodenniveau ergeben sich aufgrund der Bodenreibung natürlich
genau die inversen ageostrophischen Windkomponenten (Subtropen
Südkomponente, Tropen Nordkomponente), so dass anschaulich
zwei großräumige Zirkulationszellen entstehen, welche
natürlich im klimatologischen Zeitscale besonders schön
zur Geltung kommen. Dies ist zum einen die thermisch direkte
tropische HADLEY-Zirkulation und die etwas schwächere
thermisch indirekte FERREL-Zirkulation zwischen Subtropen
und mittleren Breiten.
Im Sommer ist wie angesprochen der horizontale Temperaturgradient
in der Nordhemisphäre nur sehr schwach, so dass die meridionalen
Zirkulationsmuster auch nur recht schwach ausgeprägt sind.
Vor allem die FERREL-Zelle ist in den Sommermonaten nur sehr schwach
ausgebildet.
Interpretation/Bedeutung dieser nordhemisphärischen Klimatologie:
Ein horizontaler Temperaturgradient (auf einer p-Fläche)
bildet über die thermische
Windbeziehung nicht nur den Antrieb für die Existenz
des Jetstreams, sondern gleichzeitig
auch den Antrieb für eine ageostrophische Windkomponente.
So können großräumige meridionale Zirkulationen
in Gang gesetzt werden, die für den so wichtigen Energie-
und auch Impulsaustausch zwischen Äquator und Pol sorgen.
In der Windverteilung steckt also implizit auch immer die Temperaturverteilung.
© Marcus Boljahn