Glossar
   

Synoptische Kurzanalyse für Deutschland

ausgegeben am Freitag, den 21.01.2005 um 14:10 Uhr MEZ

Benutzte Modelle: GME (R192F) Fr 00 UTC, ECMF Fr 00 UTC, GFS Fr 00 UTC

Synoptischskalige Wellensituation: Langwellentrog Mitteleuropa

aktuelle Situation:

Während auf der östlichen Nordhemisphäre (Asien, Ostpazifik) zonale Strömungsmuster mit eingelagerten kurzen ROSSBY-Wellen dominieren, sind auf der westlichen Nordhemisphäre enorme meridionale Windkomponenten vorhanden, was sich in Form langer atmosphärischer Wellen mit großen Amplituden äußert. Ursächlich hierfür ist vor allem der durch den nordostkanadischen Kältepol und Überströmung der Rocky Mountains entstandene quasistationäre Langwellentrog über Nordostamerika. Seine Amplitude reicht dabei bis hin zur Dominikanischen Republik bzw. Puerto Rico, so dass sich hier Polarfront- und Subtropenjet vereinigen können.



Weiter stromabwärts folgt dementsprechend ein Langwellenkeil über dem Nordatlantik, der durch massive WLA den horizontalen (isobaren) Temperaturgradient in den letzten Tagen über dem Nordostatlantik extrem verstärken konnte. Die Atmosphäre reagiert auf diese enorme Zunahme der Baroklinität (thermische Windzunahme) natürlich instantan mit dem Aufbau eines Jetstreaks. Auf der linken diffluenten Ausströmseite dieses von Island nach Mitteleuropa gerichteten Jetstreaks fanden sich nun ideale Bedingungen für eine Zyklogenese über Mitteleuropa.



Die Bodenanalyse zeigt dann auch eine sehr gut ausgebildete Zyklone (kerndruck <970 hPa) mit Zentrum über der östlichen Ostsee. Auch in der Analyse des 500 hPa-Geopotentialfeldes zeichnet sich diese Zyklone bereits sehr deutlich als Höhenwirbel (geschlossene Isohypsen) ab, was auf zunehmende Stationarität (Aufsteilen der Rotationsachse) hindeutet.



Mit der resultierenden kräftigen Nordwestströmung konnte in allen Schichten maritime Polarluft (mP) nach Deutschland einfließen.



In dieser allgemein recht labilen Luftmasse kommt es verbreitet zu schwachen Schauern, die in den Luvseiten der Gebirge auch noch zusätzlichen orographischen Antrieb erfahren.



Mit dem starken Bodendruckgradienten gehen natürlich auch verbreitet markante Böen einher, wobei die 181 km/h des Wendelstein (1832m) in Südbayern wohl mit Vorsicht zu genießen sind.

Beschreibung des Kurzfristzeitraums (Tage 1 bis 3)

Ein auf der Rückseite des mitteleuropäischen Langwellentroges eingelagerter Kurzwellentrog erreicht zum Ende von Tag 1 (Freitag) den Norden Deutschlands und überquert am Samstag Vormittag die Republik schnell stromabwärts nach Süden. Allerdings wird der dynamische Antrieb durch Vorticityadvektion allgemein recht gering beurteilt, so dass in der labilen Polarluft weiterhin mit schwachen Schauern gerechnet werden muss. Bei 850hPa-Temperaturen zwischen -5°C (Südwestdeutschland) und -8°C (Norddeutschland) ist das Auftreten von Schnee- sowie Graupelschauern sehr wahrscheinlich. Da Stromlinien und Isothermen in allen Schichten der Troposphäre quasiparallel verlaufen (äquivalent barotrop), sind an Tag 2 im Bereich von Deuschland quasi keine Temperaturadvektionen zu beobachten. Erst ein am Sonntag (Tag 3) Abend von Norden her vorstoßender etwas stärkerer Kurzwellentrog sorgt für erneute Kaltluftadvektion. Dann soll nach Deutschland großflächig Luft arktischen Ursprungs (mA) mit zweistellig negativen Temperaturen in 850 hPa einfließen. Die mit dem Hebungsfeld auftretenden Schauer sollten nun allesamt als Schnee auftreten.

Beschreibung des Mittelfristzeitraums (Tage 4 bis 7)

Entscheidend für die Beurteilung des Mittelfristzeitraums ist die Entwicklung einer hyperbaroklinen Welle, die an Tag 2 (Samstag) erstmals über Neufundland zu sehen ist und sich bis Tag 4 (Montag) zu einem Kurzwellentrog mit intensivem Vorticityzentrum über Südgrönland entwickelt hat. Der zuvor blockierende Hochwellenkeil über dem Nordatlantik verliert durch diesen Prozess zunehmend seine stationäre Wirkung mit der blockierenden Bodenantizyklone. GFS berechnet diese Entwicklung am stärksten, so dass in Deutschland ab Tag 7 (Donnerstag) bereits wieder zonale Strömungsmuster dominieren sollen. ECMF und GME beurteilen die Grönlandzyklogenese nicht ganz so extrem, so dass Deutschland hier bis zum Ende des Mittelfristzeitraums im Einfluss arktischer Luftmassen verbleibt.

© Marcus Boljahn

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